Bionik

Klettertalent mit blutigen Zehen

Kurioses Geheimnis baumlebender Salamander gelüftet

Salamander-Zehen
Indem der Salamander Aneides vagrans die Blutmenge in seinen Zehenspitzen reguliert, erleichtert er sich das Klettern. © William P. Goldenberg

E.T., bist du es? Diese Zehen gehören zwar keinem Außerirdischen, dafür aber einem äußerst ungewöhnlichen Tier: dem baumlebenden Salamander Aneides vagrans. Indem er gezielt Blut in die Spitzen seiner durchsichtigen Zehen pumpt, findet er besseren Halt an der Baumrinde und kann sich außerdem leichter wieder von ihr lösen, wie Forschende nun herausgefunden haben. Dieser besondere Mechanismus könnte in Zukunft zum Beispiel Einzug in die Robotik und Klebstoff-Forschung halten.

Einen Salamander würde man zwar am ehesten am Boden erwarten, doch es gibt auch Arten, die einen Großteil ihres Lebens auf Bäumen verbringen. Zu ihnen gehört der gerade einmal bis zu fünf Gramm schwere und zwölf Zentimeter lange Aneides vagrans („wandernder Salamander“). Er lebt im Geäst von Mammutbäumen und bewegt sich dort selbst in 57 Meter Höhe noch deutlich graziler fort, als man es einem Tier seiner eher stämmigen Statur auf den ersten Blick zutrauen würde.

Ein Skydiver mit Geheimnissen

Wenn der Salamander von Ast zu Ast springt, kann er außerdem genauso kontrolliert wie ein menschlicher Fallschirmspringer durch die Luft gleiten. Indem er gezielt seinen Fall bremst und durch Bewegungen von Schwanz und Beinen seine Neigung bestimmt, gleitet der Salamander zielgenau in die gewünschte Richtung.

Im Gleitflug kommen Aneides auch seine langen Zehen mit ihren fast quadratischen Zehenspitzen zugute: Sie bremsen ihn weiter ab und verleihen ihm präzise Kontrolle über seine Flugbahn. Doch wie Forschende um Christian Brown von der Washington State University nun herausgefunden haben, erfüllen die Zehen noch einen weiteren Zweck: Sie helfen dem Salamander beim Klettern, indem sie sich gezielt mit Blut füllen und dieses auch wieder ablassen können.

Blutgefüllte Zehen als Kletterhilfe

Zum ersten Mal aufgefallen ist Brown dieses Phänomen beim Dreh eines Dokumentarfilms, bei dem er als Salamander-Experte am Set zugegen war. Als er durch ein leistungsstarkes Kameraobjektiv hindurch Aneides-Salamander beobachtete, bemerkte er, wie sich die durchsichtigen Zehenspitzen der winzigen Tiere bei jedem Schritt mit Blut füllten und wieder leerten. Nähere Untersuchungen enthüllten, dass die Salamander mithilfe ihres Blutes den Druck in ihren Zehen asymmetrisch regulieren können.

Dieser „blutige“ Trick hilft den Tieren, besseren Halt auf unregelmäßigen Oberflächen wie Baumrinde zu finden und sich auch einfacher wieder von diesen zu lösen. Indem Aneides-Salamander ihre Zehenspitzen zum Beispiel leicht mit Blut aufblähen, verkleinern sie deren Kontaktfläche mit der Rinde und minimieren so die zum Loslassen erforderliche Energie. Leeren sie die Zehenspitzen hingegen, werden diese etwas weicher und „griffiger“.

Dem Baumsalamander hilft dies, in seinem luftigen Lebensraum zu überleben: „Wenn man auf einen Mammutbaum klettert und mit 18 Zehen in die Rinde greift, macht es einen großen Unterschied, ob man effizient loslassen kann, ohne seine Zehenspitzen zu beschädigen“, sagt Brown.

Die neuen Erkenntnisse könnten nun zu bionischen Designs beitragen, die auf dem ungewöhnlichen Mechanismus des Baumsalamanders basieren. Ähnlich wie schon die Füße des Geckos, die als Inspiration für verschiedene technische Hafthilfen dienten, könnte auch der „Bluttrick“ praktischen Nutzen haben. Brown und seine Kollegen können sich etwa einen Einsatz im Bereich von Klebstoffen, Prothesen und sogar Roboteranhängseln vorstellen. (Journal of Morphology, 2025, doi: 10.1002/jmor.70026)

Quelle: Washington State University

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