Dieses kleine, schimmernde Fläschchen sieht fast aus wie ein metallenes Feuerzeug. Doch in Wirklichkeit ist es der neuartige Flüssigkristall Vermiculit, welcher das durchscheinende Licht polarisiert. Die Moleküle im Material reagieren extrem empfindlich auf elektrische Felder, wie Forschende herausgefunden haben. Diese Eigenschaft könnte dazu beitragen, LCD-Bildschirme weiter zu optimieren.
Elektro-optische Flüssigkristalle (LC) sind eine wichtige Komponente unserer digitalen Informationsgesellschaft. Die häufig stäbchenförmigen Moleküle dieser Materialien richten sich entsprechend den umgebenden elektromagnetischen Feldern aus. Lässt man Licht durch die flüssigen Kristalle scheinen, moduliert die Ausrichtung der Kristallmoleküle dessen Intensität und Schwingungsrichtung. Je nachdem, in welchem Winkel die Moleküle sich ausrichten, bekommt das durchscheinende Licht eine andere Farbe.
Diese Eigenschaft macht die Flüssigkristalle zur Basis von gängigen LC-Displays oder LDCs. Was bisher jedoch fehlt, sind Materialien, die eine schnelle, dynamischere Anpassung der Lichtpolarisation erlauben. Das Problem: Bisher reagieren die Flüssigkristalle zu träge auf elektrische Impulse. Deswegen ist die dazugehörige Elektronik noch schlicht zu groß und die komplette Technologie ziemlich sperrig.
Katzenstreu-Mineral für LC-Bildschirme
Doch ein Forschungsteam um Bilu Liu von der Tsinghua-Universität in Peking hat kürzlich ein Material identifiziert, das eine solche dynamische Anpassung der Lichtpolarisation ermöglichen könnte: das schon seit Jahrhunderten bekannte Tonmineral Vermiculit, das sonst in Katzenstreu oder zur Produktion von Feuerwerkskörper genutzt wird. Die Vermiculit-Moleküle reagieren extrem empfindlich auf umgebende elektrische Felder – und richten sich dementsprechend auch bei schwachen Feld-Änderungen neu aus.
Während einige LC-Materialien durch Temperaturänderungen in ihren flüssigkristallinen Zustand übergehen, verhält sich Vermiculit anders: Die Eigenschaften des Katzenstreu-Materials sind abhängig vom genutzten Lösungsmittel. Als die Forscher das Tonmineral beispielsweise in deionisiertem Wasser lösten, erhöhte sich dessen Reaktionsstärke auf elektrische Felder immens – um eine Größenordnung über dem aktuellen Rekordwert. Diese beeindruckende Entdeckung könnte nach Ansicht des Teams einen Meilenstein in der Flüssigkristallforschung darstellen.
Interaktive Anzeigetafeln
„Wir bieten eine neue Strategie für die Entwicklung fortschrittlicher anorganischer LCs oder LC-ähnlicher Systeme mit empfindlichem Ansprechverhalten auf elektrische Felder“, erläutert Liu. Da bereits sehr kleine elektrische Felder die Ausrichtungs-Änderungen der Vermiculit -Moleküle hervorrufen, können die Elektrodenabstände der elektrooptischen LC-Bauteile entsprechend kleiner werden – teilweise würden weniger als drei Zentimeter Abstand genügen. Dementsprechend könnte auch das gesamte Display um ein Vielfaches dünner werden.
Um die mögliche Anwendung der neuen Flüssigkristalle zu demonstrieren, stellten Liu und sein Team bereits einen Prototyp in Form einer großen interaktiven Anzeigetafel auf. Die auf ihr gezeigten Buchstaben und Ziffern können durch Smartphone-Software oder menschliche Gesten kontrolliert werden. „Das System hatte zudem weitere positive Eigenschaften wie eine hohe Uniformität, einen geringen Stromverbrauch und eine vernachlässigbare Degradierung durch UV-Strahlung“, berichten die Forscher. (National Science Review, 2024; doi: 10.1093/nsr/nwae108)
Quelle: Science China Press