Hochgeschwindigkeits-Aufnahmen von Schüssen auf Äpfel, Melonen oder anderes Obst sind nicht neu. Doch die im unteren Teil dieses Bildes gezeigten Aufnahmen sind es schon. Denn hier haben Forscher mit einem dünnen, scharfen Wasserstrahl auf einen Tropfen geschossen und die Folgen mit einer Highspeed-Kamera aufgezeichnet. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse sollen ihnen helfen, effektive, aber schonende Methoden einer nadelfreien Injektion zu entwickeln.
Wenn es ums Impfen oder die Injektion von Medikamenten geht, ist die klassische Spritze die Methode der Wahl. Denn unsere Haut ist eine wirksame Barriere, die auf andere Weise nur schwer zu durchdringen ist. Allerdings gibt es erste Ansätze, Wirkstoffe schonender unter die Haut zu bringen – das würde vor allem den Menschen zugutekommen, die regelmäßig Injektionen benötigen, beispielsweise Diabetikern. Bei einigen dieser Alternativen setzen Wissenschaftler Pflaster mit Mikronadeln ein, die Insulin oder Impfstoff unter die Haut bringen.
Ohne Nadel durch die Haut
Eine weitere Lösung wäre es jedoch, völlig auf Nadeln zu verzichten. In der Tiermedizin nutzt man schon länger Impfpistolen, die das Serum mit Hochdruck einfach durch die Haut schießen. Allerdings sind diese Geräte sehr groß, nicht schmerzfrei und auch nur bedingt hygienisch. Deshalb arbeiten Wissenschaftler vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Universität Twente in den Niederlanden daran, ein kompakteres, schonenderes System zur nadelfreien Injektion zu entwickeln.
„Wir wollen erforschen, wie man die nadelfreie Injektion so durchführen kann, dass die Hautschäden minimiert werden“, erklärt David Fernandez Rivas. „Durch unsere Experimente bekommen wir die nötigen Informationen, um Jets mit der richtigen Geschwindigkeit und Form zu erzeugen.“ Die Forscher haben ein System entwickelt, bei dem Laser die Flüssigkeit eines Mikrofluid-Chips aufheizt und darin Dampfblasen erzeugt. Die plötzliche Druckerhöhung schießt die Wirkstofflösung mit hohem Tempo durch Mikrodüsen hinaus – im Idealfall direkt durch die Haut des Empfängers.
Um zu untersuchen, wie gut verschiedene Versionen dieser Flüssigkeits-Jets in die Haut eindringen und wie sich der Strahl dabei verändert, nutzte das Team statt der undurchsichtigen Haut transparente Wassertropfen.
Highspeed-Aufnahmen als Forschungshilfe
In ihrem Experiment feuerten sie mit ihrem Mikrofluid-System dünne Wasser-Jets auf einen hängenden Tropfen. Diesen machten sie durch die Beimischung verschiedener Chemikalien mal zäher, mal dünnflüssiger und beobachteten, wie dies Form und Verhalten des Strahls beeinflusste. Dafür filmten sie das Ganze mit einer Highspeed-Kamera, die 50.000 Aufnahmen pro Sekunde schoss.
Einige Schnappschüsse aus einem solchen Highspeed-Video sind im unteren Teil unseres Bilds zu sehen. Deutlich ist zu erkennen, dass der dünne Wasserstrahl einen relativ großen Einschusstrichter hinterlässt – bei unserer Haut wäre dies vermutlich schmerzhaft. In Tropfen mit anderer Viskosität erzeugte der Wasserbeschuss Luftbläschen oder blieb sogar im Tropfen stecken. „Diese Phänomene zu verstehen, ist wichtig, denn wir wollen ja vermeiden, dass in der Haut solche Luftblasen entstehen“, sagt Rivas.
Auf Basis ihrer Experimente haben die Forscher bereits die physikalischen Modelle und Gleichungen so abgewandelt, dass sie das reale Geschehen besser beschreiben. Sie hoffen, dass sie auf dieser Basis auch ihr nadelfreies Injektions-System weiter optimieren können. (Soft Matter, 2021; doi: 10.1039/D1SM00706H)
Quelle: Massachusetts Institute of Technology