Nicht ins Netz gegangen: Wenn Fischer ihre Netze wie auf diesem Foto mit Lichtern versehen, verringert sich der Anteil an Beifang um fast zwei Drittel. Die Gesamtmenge der Fische, auf die abgezielt wird, bleibt dagegen fast gleich groß, wie eine Studie enthüllt. Ob sich die Einführung der mit LEDs beleuchteten Netze auch wirtschaftlich rentiert, ist allerdings fraglich.
Weltweit leben Menschen von der Fischerei. Eine beliebte Fangmethode ist dabei die Verwendung von sogenannten Kiemennetzen. Das sind meist rechteckige Netze, die im Boden verankert und durch Schwimmkörper aufgestellt sind und so zu einer Art Netzwand werden. Wenn ein Fisch nun versucht, durch das Netz hindurch zu schwimmen, bleibt er mit dem Kopf stecken und seine Kiemen verhaken sich.
Kiemennetze gehören zu den selektiven Fangmethoden, da die Größe der Netzmaschen an die Fische, die primär gefangen werden sollen, angepasst werden kann. Trotzdem gibt es dabei meist eine nicht unbedeutende Menge an Beifang. Oft verheddern sich Haie, Meeresschildkröten, Rochen und sogar Meeresvögel in den Netzen. Das ist nicht nur für den Artenbestand der teilweise gefährdeten Tiere und das lokale Ökosystem schädlich, auch für die Fischer bringt der Beifang Nachteile mit sich. Sie müssen die häufig verletzten oder toten Tiere wieder aus den Netzen holen, was zeitaufwändig und gefährlich sein kann.
Alle zehn Meter eine LED
Gerade deshalb wurden im Laufe der Zeit verschiedene Methoden entwickelt, den Beifang zu reduzieren. Bei küstennahem Fischfang hat man in den letzten Jahren beispielsweise damit begonnen, Kiemennetze etwa alle zehn Meter mit einer LED auszustatten und sie so zu beleuchten. Wie sehr diese Methode letztlich den Beifang reduziert, hat nun ein Team um Jesse Senko von der Arizona State University untersucht.
Die Wissenschaftler begleiteten dafür eine Reihe von professionellen Fischern an der Pazifikküste des mexikanischen Bundesstaats Baja California Sur. Im Beobachtungszeitraum warfen die Fischer jeweils 28 beleuchtete und unbeleuchtete, im Schnitt 180 Meter lange Netze aus. Die Kiemennetze wurden bei Sonnenuntergang aufgestellt und nach gut zwölf Stunden wieder eingeholt. So kamen die Forscher auf eine Studien-Grundlage von über zehn Kilometer Netz, die insgesamt fast 700 Stunden im Küstenwasser ausgeworfen waren.
95 Prozent weniger Haie im Netz
Die Analyse der gefangenen Tiere zeigt eine eindeutige Tendenz: Bei den Kiemennetzen, die mit LEDs ausgestattet wurden, gab es insgesamt 63 Prozent weniger Beifang als bei den unbeleuchteten Netzen. Besonders deutlich zeigte sich dies bei Haien und Rochen, deren gefangene Biomasse durch die LEDs um 95 Prozent reduziert werden konnte. Die Masse der Kalmare konnte immerhin um 81 Prozent und die der übrigen ungewollten Fische um 48 Prozent reduziert werden.
Wichtig dabei: Die Masse der Fische, auf die die Fischer abzielen, veränderte sich durch die Beleuchtung der Netze kaum. „Die Ergebnisse zeigen, dass der potenzielle Nutzen beleuchteter Netze sehr vielversprechend ist, um den Beifang der küstennahen Fischerei in allen weltweiten Ozeanen zu reduzieren“, sagt Senko.
Koautor Hoyt Peckham von der US-amerikanischen Wildlife Conservation Society erklärt dazu: „Kiemennetze sind allgegenwärtig, weil sie billig sind und alles fangen, was an ihnen vorbeikommt. Diese Arbeit bietet eine praktische Lösung dafür, wie die Selektivität von Kiemennetzen erhöht und so die Menge an Beifang reduziert werden kann. Für Fischer könnte die Technologie zu einer Selbstverständlichkeit werden.“
„Entscheidend für die Akzeptanz“
Für die kommerzielle Fischerei könnte neben dem Naturschutz-Aspekt allerdings eine andere Erkenntnis der Studie entscheidender sein. Die begleiteten Fischer brauchten bei den beleuchteten Netzen deutlich weniger Zeit, um sie zu entheddern und wieder einsatzbereit zu machen. „Die Rückholzeit wird sich pro Trip wahrscheinlich um 55 bis 70 Minuten verringern“, schreiben die Forscher.
„Es ist wichtig, dass die Fischer wissen, dass es für sie greifbare Vorteile gibt. Dies ist entscheidend für die Akzeptanz solcher Technologien in der Fischereiindustrie“, erklärt Koautor John Wang von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in den USA.
Die Wissenschaftler fürchten jedoch, dass es sich besonders in Entwicklungsländern einige Fischer nicht leisten können, auf die Beleuchtungstechnik zu wechseln. Zwar erhöht sich die zeitliche Effizienz eines Ausflugs durch einen höheren Anteil an gewollten Fischen, die in der Studie verwendeten LEDs kosten allerdings etwa acht Dollar pro Lampe. „In Hinblick auf die Biodiversität und den Naturschutz könnten Regierungen und NGOs die Einführung beleuchteter Netze subventionieren“, schlagen die Wissenschaftler vor. (Current Biology, 2022; doi: 10.1016/j.cub.2021.12.050)
Quelle: Wildlife Conservation Society