Heute ist der Untergrund des Roten Planeten ruhig, Verschiebungen oder Veränderungen gibt es kaum mehr. Doch das war früher anders – und wie. Von den gewaltigen Kräften und Umformungen zeugt noch heute Hebes Chasma, ein zerklüfteter Trog in der Nähe der großen Vulkangebiete von Tharsis. Neue Aufnahmen der ESA-Sonde Mars Express geben nun näheren Aufschluss über die bewegte Vergangenheit dieser Marsregion.
Hebes Chasma ist eine 315 Kilometer lange und 125 Kilometer breite Kerbe in der Marsoberfläche. Bis zu acht Kilometer tief ist hier der Untergrund aufgerissen. Nach gängiger Vorstellung entstand dieses zerklüftete Gelände in der Frühzeit des Mars, innerhalb der ersten Milliarde Jahre seiner Existenz. Damals ließ aufsteigendes Magma den gewaltigen Vulkankomplex der Tharsis Region wie eine Riesenbeule anschwellen und hob die Feuerberge kilometerweit aus dem Rest der Marsoberfläche hinaus.
Dadurch aber wurde die umgebende Marskruste gedehnte, riss an einigen Stellen auf und bildete gigantische Schluchten – eine davon auch Hebes Chasma. An diese katastrophale Entstehung erinnern noch heute Verwerfungen rund um die Schlucht. Doch ein Merkmal macht Hebes Chasma ungewöhnlich und unterscheidet sie von allen andern Schluchten auf dem Roten Planeten: ihre Mesa. Denn in der Mitte dieser Kerbe liegt eine langgestreckte Hochebene, deren steile Wände und flacher Gipfel wie eine Insel aus der Schlucht ragen.
Was einst diese Erhebung schuf, ist bis heute unklar. Die neuen Detailaufnahmen des Mars Express zeigen nun aber zumindest, welche Faktoren mit eine Rolle gespielt haben könnten. Denn deutlich ist in dieser Aufnahme zu erkennen, dass einst gewaltige Erdrutsche die Wände der Schlucht und der Zentralmesa hinabrasten. Im Vordergrund brach ein hufeisenförmiges Stück der Steilwand ab und hinterließ eine verblüffend geometrische Abbruchkante.
An anderer Stelle deuten mineralische Ablagerungen darauf hin, dass Hebes Chasma möglicherweise einst mit Wasser gefüllt war. Ein Teil dieser Sedimente ist auch in den Wänden der Mesa zu finden. Vielleicht war das Hochplateau für einige Zeit tatsächlich eine Insel. Aber auch vulkanische Ablagerungen finden sich dort, wie Daten der Marssonden enthüllten. Noch allerdings ergeben diese Einzelinformationen kein vollständiges Bild. Wie und warum die Mesa entstand, bleibt weiterhin rätselhaft.