Einfach, aber präzise: Im Nildelta haben Archäologen ein rund 2.500 Jahre altes Astronomie-Observatorium entdeckt – das bisher größte und älteste der altägyptischen Spätzeit. Das 850 Quadratmeter große Areal umfasst neben einer Sonnenuhr, einem steinernen Messinstrument für die Sonnenhöhe und einem Beobachtungsturm auch Wandbilder mit astronomischen Motiven. Das in einen Tempel integrierte Observatorium diente vermutlich dazu, rituell und kulturell bedeutsame Daten zu bestimmen.
Schon im Altertum folgten viele Kulturen dem Lauf der Gestirne. Diese dienten als Basis für Sonnen- und Mondkalender, als Zeitmarker für Rituale und Fest, galten aber auch als Omen und Hinweise der Götter. In Ägypten erbaute man schon vor 3.850 Jahren erste Gräber nach astronomischen Gesichtspunkten und der gut 3.000 Jahre alte „Kairo-Kalender“ verzeichnete bereits Himmelsereignisse und sogar die Helligkeitsschwankungen eines veränderlichen Sterns.
Größtes Observatorium der ägyptischen Spätzeit
Jetzt haben Archäologen eines der astronomischen Observatorien entdeckt, mit denen die ägyptischen Gelehrten den Himmel beobachteten. Es liegt rund 80 Kilometer östlich von Alexandria im Nildelta und ist Teil des Siedlungshügels Tell el-Fara’in. Dieser umfasst Siedlungsreste und Tempelruinen von der Bronzezeit bis in die Spätzeit des Alten Ägypten. Aus letzter stammt auch der Tempel von Buto, in dem das neuentdeckte Himmels-Observatorium aus dem 6. Jh. vor Christus liegt.
Diese Anlage sei das älteste und größte Observatorium aus dieser Zeit, berichtet die ägyptische Antikenbehörde. Der Komplex bedeckt eine Fläche von rund 850 Quadratmetern und besteht aus mehreren Lehmziegelbauten und einer L-förmigen, von Säulen gesäumten zentralen Halle. Ihr Eingang ist von einer geneigten Lehmmauer geschützt und nach Osten in Richtung Sonnenaufgang ausgerichtet.
Einfache, aber präzise Instrumente
In den Räumen des Observatoriums stießen die Archäologen auf mehrere astronomische Instrumente. „Diese Werkzeuge sind zwar vergleichsweise einfach, erlaubten aber bereits die präzise Beobachtung und Messung von solaren Kalenderdaten, die für religiöse Riten, königliche Krönungsfeiern oder auch die Landwirtschaft wichtig waren“, berichtet Mohamed Ismail Khaled, Generalsekretär der Antikenbehörde. „Dieser Fund unterstreicht die fortgeschrittenen astronomischen Kenntnisse der alten Ägypter.“
Ein astronomisches Instrument im Observatorium diente offenbar der Messung der Sonnenhöhe über dem Horizont, der Inklination. Das Zentrum dieses dreiteiligen Ensembles bildet ein aufrechter Stein, der von zwei runde Steinplatten nördlich und westlich davon flankiert wird. Die altägyptischen Astronomen verfügten außerdem über einen kleinen Beobachtungsturm, der anders als die restlichen Bauten nicht aus Lehmziegeln, sondern aus Steinblöcken errichtet war.
Sonnenuhr und Horusauge
Ein herausragender Fund ist zudem eine große Sonnenuhr aus großen Kalksteinblöcken, darunter in Reihe liegenden, 4,80 Meter langen Steinplatten. Auf diesen platten liegen fünf weitere flache Blöcke, drei vertikal aufgestellt und zwei horizontal liegend. „Wir gehen davon aus, dass diese Blöcke einst eingekerbte Linien trugen, um die Richtungen von Sonne und Schatten zu messen und die Bewegung der Sonne im Tagesverlauf zu verfolgen“, erklären die Archäologen.
Vom Zweck der Gebäude zeugen neben diesen Instrumenten und Bauten auch Wandmalereien in der zentralen Halle und einigen anderen Räumen: Sie stellen verschiedenen Gottheiten und Objekte dar, die im ägyptischen Glauben eng mit den Gestirnen verknüpft waren. So soll das linke Auge des falkenköpfigen Gottes Horus einigen Auslegungen nach den Mond repräsentieren, sein rechtes Auge hingegen die Sonne.
Quelle: Supreme Council of Antiquities, Egypt State Information Service