Seltener Fund: In der armenischen Bronzezeit-Metropole Mezamor haben Archäologen ein unberührtes Grab mit reichen Grabbeigaben entdeckt – eine echte Rarität an diesem Ort. Das 3.200 Jahre alte Grab enthielt zwei Skelette sowie hunderte Perlen, Goldanhänger und Karneolschmuck. Außerdem fanden die Forschenden darin rund ein Dutzend Keramikgefäße sowie ein aus Mesopotamien stammendes Fayencegefäß. Wer die Toten waren und woran sie starben, ist jedoch noch unbekannt.
Rund 35 Kilometer südwestlich der armenischen Stadt Jerewan liegen die Ruinen einer der größten Metropolen der europäischen Bronzezeit: Mezamor. Diese Stadt war schon vor rund 6.000 Jahren gut zehn Hektar groß und umfasste einen zentralen Tempel, Werkstätten für die Kupferverhüttung und die „Zyklopenmauer“ – eine Schutzmauer aus riesigen Steinblöcken. Mehrere Jahrtausende lang war das an der Kreuzung zweier Handelsrouten gelegene Mezamor ein wichtiges Handels- und Machtzentrum.
„Am Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. gab es keine andere Siedlung in der Region, die sich mit Mezamor in Größe und Macht messen konnte“, erklärt Projektleiter Krzysztof Jakubiak von der Universität Warschau. Gemeinsam mit armenischen Kollegen führt sein Team seit 2013 Ausgrabungen in Mezamor und der dazugehörenden Nekropole durch.
Im Tode vereint
Jetzt haben die Archäologen dort einen besonderen Fund gemacht. In der Nekropole von Mezamor entdeckten sie ein 3.200 Jahre altes unberührtes Grab – eine echte Rarität. Denn die meisten der gut hundert bisher in Mezamor untersuchten Gräber wurden schon vor langer Zeit von Grabräubern geplündert, wie das Team berichtet. Typisch für die Nekropole sind Steinkistengräber, bei denen die Toten in einer mit großen Steinen ausgekleideten Grube bestattet wurden. Anschließend überdeckte man das Grab mit einem Grabhügel.
In dem nun entdeckten Grab lagen zwei Tote – ein Mann und eine Frau. Beide lagen auf den Resten einer hölzernen Bahre und waren zum Zeitpunkt ihres Todes zwischen 30 und 40 Jahre alt. „Ihr Tod ist uns ein Rätsel, wir können keine klare Todesursache feststellen“, berichtet Jakubiak. „Aber alles spricht dafür, dass beide zur gleichen Zeit starben, denn es gibt keine Spuren einer Wiederöffnung des Grabes.“
Schmuck aus Perlen, Karneol und Gold
Die beiden Toten waren mit reichen Grabbeigaben bestattet worden. Die Archäologen fanden mehr als hundert Perlen und mehrere Anhänger aus Gold. Einige davon ähnelten ein wenig keltischen Kreuzen, wie sie berichten. Auch rund ein Dutzend Anhänger aus Karneol lagen auf und neben den Skeletten. „Diese Schmuckstücke gehörten wahrscheinlich einst zu drei Halsketten“, berichtet Jakubiak. Wegen der wertvollen Funde spricht er von einem „Goldenen Grab“.
Neben dem Schmuck waren unter den Grabeigaben auch rund ein Dutzend intakte Keramikgefäße sowie eine für diese Nekropole bisher einzigartige Fayence-Flasche: Sie war nicht lokalen Ursprungs, sondern muss damals aus der Grenzregion von Syrien und Mesopotamien importiert worden sein, wie Jakubiak berichtet. Dies passt zur Lage von Mezamor an zwei wichtigen Fernhandelswegen der Bronzezeit.
Wer waren die Bewohner von Mezamor?
Welcher Kultur die bronzezeitlichen Bewohner von Mezamor angehörten, ist bislang ungeklärt. Weil sie anders als die Mesopotamier und Ägypter keine Schrift nutzten, gibt es keine Texte, die ihre sprachliche und kulturelle Zugehörigkeit verraten könnten. Bekannt ist nur, dass die Stadt im achten Jahrhundert vor Christus vom Urartäischen Reich erobert und teilweise zerstört wurde. Dieses schon in der Bibel als „Reich von Ararat“ erwähnte Königreich erstreckte sich zu jener Zeit vom Südkaukasus bis zur Nordgrenze des assyrischen Reichs.
Die Archäologen um Jakubiak hoffen, dass sie das Rätsel um die Bewohner von Mezamor im Laufe weiterer Ausgrabungen lösen können. Auch das Erbgut der Skelette aus der Bronzezeit-Metropole könnte möglicherweise bei der Klärung dieser Frage helfen.
Quelle: PAP – Science in Poland