Überraschend zahlreich: Vor 550.000 bis 350.000 Jahren könnte es fast zehnmal mehr Frühmenschen in Europa gegeben haben als bislang gedacht. Denn die Elster-Kaltzeit und andere Gletschervorstöße schränkten den Lebensraum für Neandertaler und Co zwar ein, weite Teile Mittel- und Südeuropas blieben aber lebensfreundlich. Es gab demnach selbst in Kaltzeiten genug Nahrung und Raum für 13.000 bis 25.000 Frühmenschen, wie Forscher ermittelt haben.
Das mittlere Pleistozän war eine für die europäische Frühgeschichte entscheidende Phase. Denn damals, vor 550.000 bis 350.000 Jahren, besiedelten die ersten Neandertaler den Westen des Kontinents und legten den Grundstein für spätere Fortschritte auch in der Werkzeugtechnologie. Bisher ging man allerdings davon aus, dass die damalige Bevölkerungsdichte selbst in den Zwischeneiszeiten nicht über rund 2.000 Frühmenschen hinausging.
Während der Kaltzeiten könnte die Population der Homininen in Europa sogar auf wenige hundert Individuen abgesunken sein. Diese überdauerten in nur wenigen noch lebensfreundlichen Refugien am Mittelmeer – und waren jeweils tausende von Jahren voneinander isoliert. So das gängige Szenario.
Besiedelbare Nischen ermittelt
Doch eine neue Studie der damaligen Verhältnisse zeichnet nun ein ganz anders Bild. Ein deutsch-spanisches Forschungsteam um Jesus Rodriguez vom Nationalen Forschungszentrum für die Evolution des Menschen (CENIEH) in Burgos hat dafür die Klima- und Lebensbedingungen im mittleren Pleistozän auf Basis von Klimadaten und Modellen der Vegetation rekonstruiert.