Hilfreiche Wasserstraße: Ein heute ausgetrockneter Seitenarm des Nils könnte für den Bau der Pyramiden von Gizeh entscheidend gewesen sein, wie eine Studie enthüllt. Weil dieser Cheops-Arm zur richtigen Zeit schiffbar war, konnten die ägyptischen Baumeister die tonnenschweren Steinblöcke per Schiff bis ans Pyramidenplateau bringen. Obwohl der Nilpegel während der Herrschaft der Pharaonen Cheops, Chefre und Menkaure schon abgesunken war, blieb der Seitenarm während der gesamten Bauzeit passierbar.
Die drei großen Pyramiden von Gizeh – Cheops, Chefre und Menkaure – gehören zu den berühmtesten Bauwerken der Welt und zu den sieben Weltwundern der Antike. Sie entstanden in der Zeit von 2620 bis 2500 vor Christus während der vierten Dynastie auf einem großen Kalksteinplateau, das heute fast zehn Kilometer vom Westufer des Nils entfernt liegt. Wie die Arbeiter damals die tonnenschweren, von nilaufwärts gelegenen Steinbrüchen herangeschafften Blöcke zum Plateau transportierten, war lange rätselhaft.

Gab es einen Hafen am Seitenarm?
Doch wie sich nun bestätigt, halfen die Natur und günstige Klimaverhältnisse bei der Transportlogistik des Pyramidenbaus nach. Schon länger vermuten Wissenschaftler, dass es zur Zeit des Baus einen heute ausgetrockneten Seitenarm des Nils gab, der bis an das Pyramidenplateau heranführte. „Die Flusshafen-Hypothese postuliert, dass die Pyramidenbauer einen Kanal durch das Westufer dieses Cheops-Arms gruben und den Seitenarm vertieften“, erklären Hader Sheisha von der Universität Aix-Marseille und seine Kollegen.
Dadurch, so die Hypothese, konnten die Steinblöcke für den Pyramidenbau bis direkt an das Plateau gebracht und dort entladen werden. Unklar blieb jedoch bisher, ob der Pegel des Nils und seines Cheops-Seitenarms damals ausreichend hoch war, um diesen Schiffstransport bis ans Plateau zu ermöglichen. Sheisha und sein Team haben dies nun anhand von fünf Bohrkernen aus dem Gebiet des ehemaligen Cheops-Seitenarms näher untersucht. Mittels Gesteins- und Pollenanalysen sowie Klimamodellen konnten sie den Wasserstand über 8.000 Jahre hinweg rekonstruieren.