Irrtum aufgedeckt: Viele Tote aus der römischen Stadt Pompeji sind offenbar nicht das, wofür man sie hielt, wie nun DNA-Analysen enthüllen. So waren einige der bei dem Vulkanausbruch gemeinsam gestorbenen Bewohner doch keine biologische Familie, einige als Frauen wahrgenommene Tote in Wirklichkeit Männer. Diese Resultate zeigen, wie leicht vorgefasste Annahmen archäologische Sichtweisen und Interpretationen beeinflussen. Die DNA-Analysen liefern aber auch neue Einblicke in die Bevölkerungsstruktur Pompejis.
Im Jahr 79 nach Christus brach in Italien der Vesuv aus und überzog die römischen Städte Herculaneum und Pompeji sowie ihre Umgebung mit Ascheregen, Glutlawinen und Lava. Die Eruption tötete einen Großteil der Bewohner dieser Städte und begrub sie unter einer Gesteins- und Ascheschicht, die alles wie in einer Zeitkapsel konservierte. Die dadurch bis heute gut erhaltenen Häuser, Alltagsobjekte und Toten liefern wertvolle und einzigartige Hinweise darauf, wie das gesellschaftliche Leben in der antiken Stadt und im Römischen Reich aussah.
Wichtige Anhaltspunkte dafür lieferten bislang vor allem die ausgegrabenen Gebäude und kulturellen Gegenstände sowie Aussehen und Position der Toten: Obwohl das Weichgewebe verfiel, blieben die dreidimensionalen Formen der Leichen erhalten. Die so entstandenen Hohlräume in der Asche wurden bei den Ausgrabungen Pompejis von Archäologen mit Gips gefüllt. Bei diesen Abdrücken nahmen sie jedoch auch künstlerische Veränderungen vor, so dass die Funde mit Vorbehalt zu betrachten sind.

Familiäre Beziehungen in Pompeji auf dem Prüfstand
Wer die Opfer waren und wie sie zusammenlebten, hat nun ein Team um Elena Pilli von der Universität Florenz genauer untersucht. Dafür nahmen die Biologen Proben von 14 mit Gipsabdrücken vermischten Skelett-Überresten, die einzeln, paarweise oder in kleinen Gruppen gefunden wurden. In einem Raum schienen beispielsweise eine Mutter mit goldenem Armband und kleinem Kind auf dem Schoß sowie ein Mann mit älterem Kind beieinander zu liegen. Dieses Ensemble interpretierten Forscher bislang als eine Familie.