Spektakulärer Fund: Unterwasser-Archäologen haben am Meeresgrund nahe Stockholm ein lange gesuchtes Schiffswrack entdeckt. Es handelt sich um die knapp 400 Jahre alte „Äpplet“, die gemeinsam mit ihrem Schwesterschiff „Vasa“ eines der größten Kriegsschiffe ihrer Zeit war. Das Wrack der Äpplet ist weitgehend erhalten, ihre charakteristische Bauweise sowie Analysen von Holzproben bestätigten, dass es sich um das 1629 fertiggestellte und 1669 versenkte Kriegsschiff handelt.
Die Geschichte der Äpplet und ihres berühmteren Schwesterschiffs Vasa geht auf den schwedischen König Gustav Adolf II. zurück, der im Jahr 1625 zwei große Kriegsschiffe neuen Typs in Auftrag gab. Die 61 Meter langen, mit mehr als 60 Kanonen bestückten Galeonen sollten die Seemacht Schwedens im 30-jährigen Krieg stärken. Bei der Vasa klappte das allerdings nicht: Sie erwies sich als zu toplastig und sank im Jahr 1628, nur gut ein Jahr nach ihrem Stapellauf.
Kriegsschiff mit verbessertem Design
Für die 1629 fertiggestellte Äpplet zog der Schiffsbauer daraus seine Lehren und passte ihren Rumpf an: Sie war etwas breiter, was ihr mehr Stabilität verlieh. Zwar war auch das Design dieses Kriegsschiffs nicht ausgereift, dennoch wurde die Äpplet fast 30 Jahre lang auf See eingesetzt. Erst 1669 wurde das zu diesem Zeitpunkt schon gut ein Jahrzehnt ausgemusterte Schiff dann absichtlich vor der Insel Vaxholm in einer Meerenge vor Stockholm als Teil einer Seebarriere versenkt, um die schwedische Hauptstadt zu schützen.
Doch trotz dieser bekannten Fakten war bisher unklar, wo genau die Äpplet am Meeresgrund liegt. Sie blieb trotz langer Suche zunächst verschollen. Im Jahr 2019 dann stießen Meeresarchäologen vor Vaxholm auf zwei Schiffswracks, die aus der passenden Zeit stammten. Eines von ihnen wurde daher für die Äpplet gehalten. Doch nähere Untersuchungen ergaben, dass es sich um zwei etwas kleinere, 1648 fertiggestellte Kriegsschiffe handelte. Die Suche im Rahmen des Projekts „The Forgotten Fleet“ wurde fortgesetzt.
Wrackfund vor Vaxholm
Jetzt endlich wurden die Unterwasser-Archäologen fündig: Im Dezember 2021 entdeckte ein Forscherteam vor Vaxholm ein großes Schiffswrack mit zwei übereinander liegenden Reihen von Luken – ein Hinweis auf zwei Kanonendecks. „Unser Puls schnellte hoch, als wir sahen, wie ähnlich dieses Wrack der Vasa war“, berichtet Jim Hansson, Unterwasser-Archäologe am Vrak-Museum in Stockholm.
„Sowohl die Konstruktion als auch die gewaltigen Dimensionen erscheinen uns sehr vertraut“, so Hansson. „Das weckte die Hoffnung, dass wir hier ein Schwesterschiff der Vasa entdeckt haben könnten.“ Die Vasa war bereits im Jahr 1961 am Grund des Hafens von Stockholm entdeckt und später gehoben worden. Sie ist heute in einem eigenen Museum ausgestellt und gilt als das am besten erhaltene Kriegsschiff ihrer Ära.
Alter und Holzherkunft passen
Im Frühjahr 2022 führten die Unterwasser-Archäologen dann weitere Tauchgänge zum Wrack durch und entnahmen auch Holzproben aus den Eichenplanken des Schiffs. Die Analysen dieser Proben ergaben, dass die Bäume für dieses Holz im Jahr 1627 im schwedischen Mälardalen gefällt worden waren. Das Plankenholz stammte damit vom gleichen Ort wie das der Vasa – und auch der Zeitrahmen passte für die gesuchte Äpplet.
„Damit deutete alles in die gleiche Richtung: die Dimensionen, die Konstruktionsdetails, die Holzproben und auch das in Archiven studierte Material. Wir haben die Äpplet, das Schwesterschiff der Vasa gefunden“, sagt Patrik Höglund vom Vrak-Museum. Knapp 400 Jahre nach ihrem Stapellauf ist damit nun auch das zweite große, von Gustav Adolf II. in Auftrag gegebene Kriegsschiff gefunden.
Meilenstein des Schiffbaus
„Mit der Äpplet haben wir nun ein weiteres Puzzlestück aus der Geschichte des schwedischen Schiffbaus gefunden“, sagt Hansson. „Erst jetzt können wir die Unterschiede zwischen Vasa und Äpplet im Detail erforschen. Das wird uns auch dabei helfen zu verstehen, wie die riesigen Kriegsschiffe jener Zeit entwickelt wurden – von der instabilen Vasa bis zu den seetüchtigen Giganten, die später die Ostsee kontrollierten.“
Anders als die Vasa soll die Äpplet aber nicht geborgen werden. Sie wird auf dem Meeresgrund liegen bleiben und soll vor Ort weiter untersucht und kartiert werden.
Quelle: Stockholm University