Archäologie

Unbekannte indoeuropäische Sprache entdeckt

Keilschrifttafel aus der Hethiter-Hauptstadt Hattuscha zitiert noch nicht entschlüsselte Sprache

Hattuscha
Die Stadt Hattuscha war vor 3.500 Jahren das Zentrum des Hethiter-Reichs. Auf einer Keilschrifttafel aus den Ruinen Hattuschas haben Archäologen ejtzt eine unbekannte Sprache entdeckt. © Wirestock/ Getty images

Spannender Fund: Bei Ausgrabungen in der alten Hethiter-Hauptstadt Hattuscha haben Archäologen eine Textpassage in einer noch unbekannten Sprache entdeckt. Sie wurde auf einer Keilschrifttafel zitiert, auf der die Hethiter vor rund 3.500 Jahren Ritualtexte niederschrieben. Das von den Hethitern als „Sprache des Landes Kalašma“ bezeichnete Idiom weist ersten Analysen zufolge Ähnlichkeiten zu ausgestorbenen anatolisch-indogermanischen Sprachen auf. Die Sprache ist aber noch nicht entschlüsselt.

Die Hethiter waren neben Ägypten und Assyrien die dritte Großmacht des bronzezeitlichen Orients. Ihr Reich erstreckte sich über weite Teile Kleinasiens und den Nahen Osten. Die rund 150 Kilometer östlich der heutigen türkischen Stadt Ankara gelegene Hethiter-Hauptstadt Hattuscha umfasste zu ihrer Blütezeit eine neun Kilometer lange Stadtmauer, monumentale Tore, Tempel und ein bis zu 180 Hektar großes Stadtgebiet. Bei Ausgrabungen in Hattuscha wurden zudem schon mehr als 30.000 Keilschrifttafeln und einige Graffiti entdeckt.

Ausgrabung in Hattuscha
In dem Ausgrabungsareal im Vordergrund haben Archäologen die Keilschrifttafel mit der fremdsprachlichen Textpassage entdeckt. © Andreas Schachner/ Deutsches Archäologisches Institut

Ritual in einer fremden Sprache

Jetzt haben Archäologen in Hattuscha einen besonderen Fund gemacht: eine Keilschrifttafel, die eine Textpassage in einer noch unbekannten Sprache enthält. Entdeckt hat sie das Team um Grabungsleiter Andreas Schachner vom Deutschen Archäologischen Institut bei der Analyse von Ritualtexten, die die Hethiter vor rund 3.500 Jahren auf einigen dieser Tafeln niedergeschrieben hatten. In einem dieser Ritualtexte zitierten die Hethiter einen Text in dieser unbekannten Sprache.

„Die Hethiter waren in einzigartiger Weise daran interessiert, Rituale in fremden Sprachen aufzuzeichnen“, erklärt Daniel Schwemer von der Universität Würzburg. „Ritualtexte, die von Schreibern des hethitischen Königs verfasst wurden, spiegeln daher verschiedene anatolische, syrische und mesopotamische Traditionen und sprachliche Milieus wider. “ Die Entdeckung einer weiteren Sprache in den Keilschrift-Archiven von Hattuscha ist daher nicht völlig unerwartet.

„Sprache des Landes Kalašma“

Doch um welche Sprache handelt es sich? Nach ersten Analysen der Linguistin Elisabeth Rieken von der Philipps-Universität Marburg gehört sie zur Familie der anatolisch-indoeuropäischen Sprachen. Diese heute ausgestorbenen Sprachen waren eng mit dem Hethitischen verwandt, zu ihnen gehörten auch die luwische Sprache und das Palaische, beides Sprachen, die ebenfalls in den Keilschrift-Ritualtexten zitiert werden.

In dem jetzt untersuchten hethitischen Text wird das zitierte Idiom als die „Sprache des Landes Kalašma“ bezeichnet. Kalašma war in der Bronzezeit ein Gebiet am nordwestlichen Rand des hethitischen Reiches, wahrscheinlich lag es in der Gegend der heutigen türkischen Provinz Bolu. Laut Rieken deutet der „Kalašma-Text“ darauf hin, dass die noch unentschlüsselte Sprache größere Ähnlichkeit mit den luwischen Dialekten des spätbronzezeitlichen Anatoliens als mit dem Palaischen hat.

Bedeutung noch unbekannt

Was in dem neuentdeckten „Kalašma-Text“ steht, ist allerdings bislang unbekannt. Denn die Bedeutung der Wörter und Silben wurde noch nicht entschlüsselt. Weitere linguistische Analysen sollen nun klären, wie eng diese Sprache mit bekannten luwischen Dialekten verwandt ist und was die von den Hethitern zitierte Passage bedeutet.

Der Fund demonstriert damit erneut, dass es noch immer Sprachen und Schriften gibt, die nicht entschlüsselt oder zugeordnet sind. Auch einige schon länger bekannte Schriften wie die Linar-A-Schrift der Minoer, die Schrift der Indus-Kultur oder die Schrift des antiken Kuschana-Reichs in Zentralasien sind bis heute noch nicht vollständig entziffert.

Quelle: Deutsches Archäologisches Institut, Universität Würzburg

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