Eine Schatztruhe unter Wasser: Archäologen haben erstmals einen Blick in die Waffentruhe des im Jahr 1495 vor Schweden gesunkenen Kriegsschiffs „Gribshunden“ geworfen – dem Flaggschiff von König Johann I. Die Truhe diente den Seeleuten demnach als Munitionskiste für frühe Handfeuerwaffen. Doch sie ist längst nicht der einzige Gegenstand an Bord, der auf die kriegerische Vergangenheit des Schiffes schließen lässt.
Vor der Küste Südschwedens, in gerade einmal zehn Meter Tiefe, liegt ein Schatz der besonderen Art: ein Schiffswrack des dänisch-norwegischen Königs Johann I. Gesunken ist das Kriegsschiff bereits im Sommer 1495 – bei einem Zwischenstopp auf einer Reise ins schwedische Kalmar, wo der Herrscher die schwedische Krone verlangen wollte. Um den schwedischen Regierungsrat einzuschüchtern, reiste Johann I. mit seinem prachtvollen Flaggschiff „Gribshunden“ und einer imposanten Flotte an.
Doch während die „Gribshunden“ unterwegs vor Anker lag, brach an Bord ein Feuer aus und das Schiff ging zusammen mit etwa 100 deutschen Söldnern unter.
Schatzsuche vor Schwedens Küste
Seit das gesunkene Wrack vor wenigen Jahren eindeutig als die legendäre Gribshunden identifiziert wurde, erforschen Unterwasserarchäologen den Aufbau, die Fracht und sonstige Besonderheiten des mittelalterlichen Flaggschiffs. Bisher sind sie unter anderem bereits auf die Vorratskammer des Schiffes gestoßen, in der sich auch über 500 Jahre nach dem Untergang immer noch zahlreiche exotische Gewürze befanden.
Auch eine Waffentruhe ist schon vor einiger Zeit an Bord entdeckt worden, doch erst jetzt ist es den Archäologen Rolf Warming von der Universität Stockholm und Johan Rönnby von der Universität Södertörn gelungen, einen Blick hineinzuwerfen. Dafür mussten sie allerdings weder ein Schloss knacken noch mit der Brechstange arbeiten, denn längst umgibt die Truhe kein Holz mehr. Um die freiliegenden Inhalte zuverlässig identifizieren zu können, brauchte es nach den vielen Jahrhunderten unter Wasser jedoch spezielle, photogrammetrische 3D-Technologie.
Munition, Kanonen und Kettenhemden
Die Analyse ergab: „Es handelt sich um einen Munitionskasten, der wahrscheinlich den deutschen Söldnern gehörte, die zum Zeitpunkt des Untergangs an Bord waren“, erklärt Warming. Unter anderem befinden sich in der Waffenkiste mehrere verschiedene Gussformen und Bleiplatten, aus denen die Besatzung wahrscheinlich einst Bleigeschosse für frühe Handfeuerwaffen herstellte. Auch zylindrische Dosen, die einst als Pulverbehälter gedient haben könnten, liegen in der Truhe.
Zusätzlich zu dem Munitionskasten haben Warming und Rönnby auch zwei Kanonenwagen identifiziert, die sich einst an Bord befunden haben müssen. Als erhöhte „Kampfplattformen“ für die Soldaten dienten wahrscheinlich die sogenannten Bug- und Heckkastelle des Schiffes, wie die Archäologen aus einer neuen Kartierung der an der Wrackstelle gefundenen Hölzer schließen.
Die Söldner selbst trugen während ihres Dienstes wahrscheinlich hochwertige Kettenhemden aus Messingringen, wie an der Wrackstelle gefundene Panzer-Fragmente nahelegen. Einer neue Analyse zufolge könnte ein einzelnes Hemd einst aus bis zu 150.000 individuellen Ringen bestanden haben.
„Ein wichtiges Puzzleteil“
All diese neuen Erkenntnisse verraten den beiden Forschern nun mehr über die militärische Leistungsfähigkeit und geschichtliche Rolle des gesunkenen mittelalterlichen Kriegsschiffs. „Das Schiff ist ein wichtiges Puzzleteil der ‚militärischen Revolution auf See‘ in der Frühen Neuzeit, in der sich die primäre Taktik vom Nahkampf auf schweres Artilleriefeuer der Marine verlagerte“, erklärt Warming.
Von diesem Wandel zeugt auch eine kürzlich vor Schwedens Küste entdeckte Schiffskanone aus dem 14. Jahrhundert – die älteste Europas. Um mehr über diese Ära zu erfahren, will Warming die Gribshunden nun mit anderen schwedischen Wracks wie der Mars aus dem Jahr 1564 und der Vasa aus dem Jahr 1628 vergleichen.
Quelle: Universität Stockholm