Wissenschaftlern ist es gelungen, adulte Nervenstammzellen so zu programmieren, dass sie sich in neuronale Vorläuferzellen zurückentwickeln, aus denen sowohl Nervenzellen als auch Stützzellen in großer Zahl entstehen können. Das berichtete der Forscher auf dem Forum der European Neuroscience Societies (FENS) 2006 in Wien.
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"Wir erforschen embryonale Stammzellen unter anderem von Mäusen und Ratten und versuchen, diese Zellen so zu beeinflussen oder zu kontrollieren, dass sie für die Reparatur von Zellen des Nervensystems eingesetzt werden können", erklärte Steindler. Stammzellen sind deshalb für die Forschung so interessant, weil sie die Fähigkeit besitzen, sich in verschiedene Zelltypen entwickeln zu können. "Wenig wissen wir jedoch über die Flexibilität adulter somatischer Stammzellen", so der Forscher. Somatische Zellen sind Körperzellen, zum Beispiel Hautzellen, aus denen nur wieder Hautzellen entstehen können.
Umwandlung durch Kulturverfahren
Die Forscher untersuchten zunächst embryonale Mäusestammzellen und wandten die dabei gewonnenen Erkenntnisse auf adulte humane neuronale Stammzellen an. Sie wollten sehen, ob diese adulten Zellen dazu gebracht werden können, sich ähnlich wie embryonale Zellen zu verhalten, und sich in verschiedene Zelltypen zu entwickeln oder zu differenzieren.
Mit Hilfe spezifischer Wachstumsfaktoren und Zellkulturtechniken gelang es ihnen, einen Entwicklungsschritt zurückzugehen und die adulten Nervenzellen in so genannte Vorläuferzellen (Progenitorzellen) umzuwandeln, aus denen sich sowohl Nerven- als auch Gliazellen entwickeln können. Gliazellen fungieren als Stütz- und Nährzellen im Gehirn und übernehmen dort auch die Aufgabe des Immunsystems.
Therapien ohne embryonale Stamzellen möglich
Theoretisch bedeutet dies, dass Forscher zukünftig dem Gehirn Zellen entnehmen könnten, im Labor vermehren und dann wieder implantieren. Möglicherweise lassen sich auf diese Weise in Zukunft unter anderem Patienten mit Parkinson behandeln. Auch sei denkbar, an Hand solcher isolierter Zellen im Reagenzglas Medikamente zu testen, bevor Patienten damit therapiert werden. "Die Erforschung von Stammzellen gibt uns möglicherweise auch neue Einblicke in die Entstehung von Hirntumoren", erklärt Steindler.
Er will nun mit Zellen verschiedener Erkrankungen eine Zellbank anlegen. Ziel soll sein, Patienten später mit ihren eigenen veränderten Zellen behandeln zu können, und damit auch die ethisch umstrittenen humanen embryonalen Stammzellen zu umgehen.
(Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 13.07.2006 – NPO)