Paläontologie

Ältester Meeressaurier entdeckt

Ichthyosaurier entwickelten sich bereits vor dem großen Massenaussterben vor 252 Millionen Jahren

Ichthyosaurier
Rekonstruktion des frühesten bekannten Ichthyosauriers. Er schwamm bereits vor 250 Millionen Jahren durch die Weltmeere. © Esther van Hulsen

Frühe Herrscher der Ozeane: Die ersten Meeressaurier eroberten die Ozeane deutlich früher als bislang angenommen, wie nun 250 Millionen Jahre alte Fossilfunde von der Insel Spitzbergen zeigen. Die Ichthyosaurier-Knochen stammen aus der Zeit „kurz“ nach dem großen Massenaussterben am Ende des Perm, waren aber schon an das Leben im offenen Meer angepasst. Demnach müssen die ersten Reptilien schon vor dieser Katastrophe vom Landleben ins Meer gewechselt sein.

Zu Zeiten der Dinosaurier waren Meeresreptilien die unangefochtenen Herrscher der Ozeane. Zu ihnen gehörten unter anderem die wendigen Ichthyosaurier, die ein wenig an heutige Delfine erinnern. Sie waren wahrscheinlich geschickte Jäger und brachten außerdem ihre Jungen lebend zur Welt.

Doch wann genau sich die landlebenden Vorfahren dieser Meeresreptilien einst für ein Leben im Wasser entschieden, ist immer noch unklar. Die bisherige Theorie: Nach dem großen Massenaussterben am Ende des Perm-Zeitalters vor 252 Millionen Jahren waren in den Weltmeeren zahlreiche ökologische Nischen freigeworden. Einige landlebende Reptilien passten sich daher schrittweise an ein Leben im Wasser an und füllten die Nischen wieder.

Knochen Querschnitt
Querschnitte der inneren Knochenstruktur offenbaren, dass das Reptil bereits vollständig an ein Leben im Meer angepasst war. © Øyvind Hammer & Jørn Hurum

Ein „unmöglicher“ Ichthyosaurier

Paläontologen um Benjamin Kear von der schwedischen Universität Uppsala haben nun Fischsaurier-Knochen geborgen, die diese Theorie in Frage stellen. Die neuen Fossilien stammen aus der Vikinghøgda-Formation auf der norwegischen Insel Spitzbergen. Die Überreste des Ichthyosauriers bestehen aus elf gelenkigen Schwanzwirbeln und mehreren Knochenfragmenten. Mit einer geschätzten Körperlänge von drei Metern war er außerdem kein Winzling.

Das Überraschende jedoch: Die Wirbel steckten in 250 Millionen Jahre altem Gestein. Sie stammen also aus einer Zeit, in der es nach gängiger Lehrmeinung noch gar keine Ichthyosaurier gegeben haben dürfte. Denn zu jener Zeit müssten sich die ersten Reptilien gerade erst vom Land ins Wasser bewegt haben. Gehören die Knochen also vielleicht zu einem frühen Vorfahren der Ichthyosaurier, der gerade dabei war, sich an ein Leben im Wasser anzupassen?

Offenbar nicht, denn nähere Analysen ergaben, dass das Tier bereits vollständig für ein Leben im offenen Meer gerüstet war, wie Kear und seine Kollegen berichten. Das lässt sich anhand der Knochengröße und ihrer schwammartigen Mikrostruktur erkennen. Diese deutet auch daraufhin, dass der Ichthyosaurier schnell gewachsen war und einen erhöhten Stoffwechsel hatte.

Ichthyosaurier überlebten das Massenaussterben

Für Kears Team steht fest: Die aktuellen Lehrbücher müssen umgeschrieben werden. Wenn bereits vor 250 Millionen, also „gerade einmal“ zwei Millionen Jahre nach dem Massenaussterben am Ende des Perm, derart weit entwickelte Ichthyosaurier durch die Meere schwammen, muss ihr Ursprung deutlich früher liegen als gedacht. Anders als bisher angenommen begann ihre Evolution demnach nicht zeitgleich mit dem Auftreten der Dinosaurier, sondern schon deutlich davor, erklären die Wissenschaftler.

Damit wären die Ichthyosaurier nicht nur Profiteure des Massenaussterbens gewesen, sondern auch dessen Überlebende. Nichtsdestotrotz ist es ihnen laut Forschenden zugutegekommen, dass die Ozeane durch das Massenaussterben „leergefegt“ waren. Dadurch konnten sie verschiedene Lebensräume erobern, sich auf unterschiedliche Nahrung spezialisieren und schließlich zu den Herrschern der Dinosaurier-Meere aufsteigen. (Current Biology, 2023; doi: 10.1016/j.cub.2022.12.053)

Quelle: Uppsala University

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