Affen sind in ihren Lautäußerungen flexibler als bisher angenommen: Ähnlich wie der Mensch übernehmen sie Spracheigenheiten von ihren engsten Freunden. Das haben Forscher an einer Gruppe freilebender Campbell-Meerkatzen in der Elfenbeinküste beobachtet. Je mehr Zeit Affenweibchen aus dieser Gruppe mit gegenseitiger Fellpflege verbrachten, desto ähnlicher seien auch ihre Kontaktrufe gewesen, berichten die Forscher im Fachmagazin „BMC Evolutionary Biology“.
Bisher galten die Rufe von Affen als primär genetisch festgelegt und von den einzelnen Tieren kaum variierbar. Eng miteinander verwandte Tiere müssten demnach auch die ähnlichsten Rufe ausstoßen, so glaubte man. Doch genau dies sei bei den Meerkatzen nicht der Fall, sagen Alban Lemasson von der Biologischen Station der Université de Rennes in Paimpont und seine Kollegen.
„Es erzeugten die Affen die ähnlichsten Rufe, die auch sozial am engsten miteinander verbunden waren – ungeachtet ihrer genetischen Verwandtschaft“, schreiben die Forscher. Auch Ähnlichkeiten in der Größe oder dem Alter hätten keine Rolle gespielt. Die Affenweibchen übernahmen typische Merkmale im Tonfall von ihren engsten Gefährtinnen – ähnlich wie auch menschliche Teenager in ihrer Clique. Die Laute der Affen seien daher zwar in ihrer Grundstruktur genetisch vorgegeben, aber ihre konkrete Ausformung sei erlernt.
Rufe als soziales Etikett
Veränderten sich die sozialen Beziehungen in den aus mehreren Weibchen, ihrem Nachwuchs und einem Männchen bestehenden Gruppen, bewirkte dies auch Veränderungen in den sprachlichen Eigenheiten der Weibchen. „Die Merkmale des Rufes dienen offenbar als eine Art soziales Etikett, mit der die Weibchen die sozialen Bindungen zueinander und gegenüber der Gruppe kundtun“, meinen die Wissenschaftler.
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte dieses Verhalten der Entstehung der Sprache bei unseren Vorfahren den Weg geebnet haben. „Es passt zur Theorie, dass sich die menschliche Sprache allmählich aus den Vokalisationen und sozialen Strukturen der urzeitlichen Primaten entwickelt hat“, sagt Lemasson.
Freilebende Affengruppen über zwei Jahre beobachtet
Die Forscher führten ihre Studie in einem Waldgebiet nahe der Forschungsstation Tai Monkey Projects in der Elfenbeinküste durch. Dort analysierten sie über zwei Jahre hinweg die Lautäußerungen und das Verhalten von zwei Gruppen von Campbell-Meerkatzen (Cercopithecus campbelli). Jede Gruppe bestand aus einem erwachsenen Männchen und vier bis sechs erwachsenen Weibchen mit ihrem Nachwuchs.
Die Forscher maßen die Zeit, die die einzelnen Weibchen mit anderen in engem Kontakt, beispielsweise bei der Fellpflege, verbrachten. Die genetische Ähnlichkeit und damit die Verwandtschaft der Gruppenangehörigen zueinander ermittelten die Forscher anhand von DNA-Analysen.
Jedes Weibchen hat individuell erkennbaren Ruf
„Bei unseren Aufnahmen konzentrierten wir uns auf die Kontaktrufe, die zwischen den Weibchen ausgetauscht werden, wenn sie herumlaufen, nach Nahrung suchen, aber auch wenn sie ruhen“, erklären die Forscher. Das Ausstoßen der Rufe ist nach geltender Theorie unwillkürlich, die Affen können deren Merkmale, beispielsweise die Tonhöhenabfolge, nicht bewusst verändern. Dennoch hat jedes Weibchen einen individuell erkennbaren Ruf. Dass dieser auch durch das soziale Umfeld der Affen verändert werde, habe man nun belegt, sagen Lemasson und seine Kollegen. (BMC Evolutionary Biology, 2011)
(BMC Evolutionary Biology / dapd, 19.12.2011 – NPO)