Europäer sind enger untereinander verwandt als angenommen: Selbst Menschen, die durch den gesamten Kontinent voneinander getrennt sind, wie beispielsweise Iren und Türken, stammen von den gleichen Vorfahren ab. Und diese gemeinsamen Ahnen lebten erst vor tausend Jahren – also gemessen an der Menschheitsgeschichte quasi erst gestern, wie US-amerikanische Forscher im Fachmagazin „PloS Biology“ berichten. Ihre DNA-Analysen von rund 2.500 Menschen zeigen aber auch, welche Spuren die Geschichte in unserem Erbgut hinterließ.
Normalerweise gilt: Je weiter jemand entfernt lebt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er eng mit uns verwandt ist. Natürlich gibt es – gerade in Zeiten der Globalisierung – inzwischen reichlich Ausnahmen, aber für die längste Zeit unserer Menschheitsgeschichte spielte die räumliche Entfernung eine wichtige Rolle. Geografische Trennung ließ unter anderem verschiedenen Kulturen entstehen und prägte Völker. Andererseits hat es schon immer auch Wanderungen von Menschen über weite Entfernungen hinweg gegeben, beispielsweise in der Ära, als sich die Landwirtschaft vom Mittelmeer aus über Europa auszubreiten begann.
Wie eng verwandt die Europäer miteinander sind, war bisher unklar. „Denn die jüngere Geschichte der menschlichen Populationen ist ein komplexes Mosaik aus individueller Migration, großräumigen Populationsbewegungen und anderen demografischen Ereignissen“, erklären Peter Ralph und Graham Coop von der University of California in Davis. Aufschluss über die Verwandtschaft kann aber ein Blick in unser Erbgut geben.
Verwandt trotz großer Entfernung
Für ihre Studie werteten die Forscher die DNA von 2.257 Europäern aus ganz unterschiedlichen Regionen Europas aus. Sie suchten dabei nach DNA-Abschnitten, die bei der Vererbung an die Nachkommen nahezu unverändert als Block weitergegeben werden. Je mehr Generationen diese Sequenzen durchlaufen haben, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie zerteilt, gekürzt oder verändert wurden. An der Länge dieser gemeinsamen Blöcke lässt sich daher ablesen, wie lange der letzte gemeinsame Vorfahre zweier Menschen zurückliegt.