Vom genetischen Durcheinander zur stabilen Art: Wissenschaftler haben modelliert, wie der Ur-Vorfahre aller Lebewesen auf der Erde entstanden sein könnte. Dieser Einzeller war demnach nicht plötzlich vorhanden – stattdessen ging er aus einem bunt gemischten Kollektiv verschiedenster Varianten hervor. Nach regem Austausch untereinander stabilisierte sich die erste biologische Art darin erst nach und nach, berichten die Forscher im Journal „Physical Review E“.
Alle Lebewesen auf der Erde sind miteinander verwandt, und sei die Verwandtschaft noch so entfernt. Sinnbildlich zeigte dies schon Charles Darwin im Jahr 1837 in seiner Skizze vom Stammbaum des Lebens: Aus existierenden Arten gehen immer wieder neue Arten hervor. Auch heute noch ist die Idee dieses Stammbaums ein Leitbild der Evolutionsforschung, das den gemeinsamen Ursprung allen Lebens verdeutlicht.
Die Wurzel dieses Stammbaums bildet vermutlich eine eigene Art früher Einzeller, die Ur-Vorfahren aller heute existierenden Lebewesen sind. Doch diese erste Art, die vor dreieinhalb bis vier Milliarden Jahren ihr Erbgut mehr oder weniger unverändert an die nächste Generation weitergab, stellte nicht zwangsläufig auch das erste Leben dar. Leben und Evolution könnte es auch davor schon gegeben haben: „Uns faszinierte die Frage, wie die erste Art entstanden ist und wie es zum Übergang zur Darwinschen Evolution kommen konnte“, sagt Marc Timme vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen.
Anfang des Lebens im gemischten Kollektiv
Die frühesten Lebensformen bildeten nach Ansicht von Evolutionsforschern wahrscheinlich ein genetisch stark durchmischtes Kollektiv. Die Biochemie der einzelnen Zellvarianten funktionierte wahrscheinlich mehr schlecht als recht, ein wirklich effektives vollständiges System hatte sich noch nicht etabliert – die Natur übte gewissermaßen noch. Allerdings tauschten diese Lebensformen über den sogenannten horizontalen Gentransfer eifrig genetisches Material untereinander aus.