Die Argentinische Ameise, Linepithema humile, ist eine der erfolgreichsten Invasoren des Tierreichs. Ausgehend von ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet in Südamerika hat sie inzwischen auf fünf Kontinenten Fuß gefasst. Einmal im neuen Gebiet angekommen, vernichtet und verdrängt sie alteingesessene Ameisenarten äußerst effektiv. Das Geheimnis ihres Erfolges enthüllt jetzt eine Studie in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Die Argentinische Ameise ist winzig, aggressiv und extrem anpassungsfähig – und genau diese Eigenschaften erleichterten ihr auch die Ausbreitung über nahezu die gesamte Welt. Wahrscheinlich mithilfe von Schiffsladungen von Erde oder landwirtschaftlichen Produkten erreichten die Tiere Asien, Australien, Europa, Nordamerika und Südafrika und gründeten dort neue Kolonien. Diese können das Ausmaß von Millionen von Tieren erreichen und sich über gewaltige Gebiete erstrecken. In Kalifornien reicht eine solche „Superkolonie“ von San Diego im Süden bis nach San Francisco im Norden.
Erster Schritt: Direkter Angriff…
Wie die Eroberung neuen Territoriums vor sich geht, beobachteten Andrew Suarez, Professor für Entomologie an der Universität von Illinois gemeinsam mit Kollegen der Universität von San Diego im südkalifornischen Rice Canyon. Acht Jahre lang verfolgten die Forscher in Echtzeit die Ausbreitung der Ameisen und die damit einhergehenden ökologischen Veränderungen in der Region.
Um herauszufinden, wovon die Ameisen sic in dieser Zeit ernähren, nutzten die Wissenschaftler die Isotopenanalyse. Indem sie das Verhältnis von schweren zu leichten Stickstoffisotopen in allen Mitgliedern einer ökologischen Gemeinschaft verglichen, konnten sie feststellen, ob ein Lebewesen sich primär als Fleisch- oder als Pflanzenfresser ernährt.
Zweiter Schritt: Ressourcen blockieren
Die Ergebnisse sorgten für einige Überraschung: In der frühen Phase der Invasion verhielten sich die Argentinischen Ameisen nahezu wie in ihrer gewohnten Umgebung: Sie lebten räuberisch und griffen andere Ameisen, denen sie begegneten, aggressiv an und verzehrten sie. Als sie jedoch die einheimischen Ameisenarten damit bereits ein Stück weit zurückgedrängt hatten, änderten sie ihre Strategie. Jetzt begannen sie, die Nahrungsquellen der einheimischen Arten auszubeuten.
Vor allem die zuckerreichen Ausscheidungen von Blattläusen und Schildläusen, den so genannten Honigtau, sind sehr energiereich und dienen zahlreichen Ameisenarten als Hauptnahrungsmittel. „Sie sind sehr wichtige, oft ortsfeste Ressourcen, von denen die Ameisen eine große Anteil ihrer Kohlenhydrate gewinnen, die Energie um ihre Arbeiter zu ernähren“, erklärt Suarez. „Während die einheimischen Ameisen verdrängt werden, beginnen die Argentinischen Ameisen, diese Ressource zu monopolisieren.“
Eroberung geglückt, Konkurrenz verschwunden
Die Auswirkungen auf die einheimische Ameisenpopulation im Rice Canyon waren dramatisch: Innerhalb von acht Jahren sank die Anzahl der einheimischen Ameisenarten in diesem Gebiet von 23 auf nur noch zwei Arten. Der Kombinationsstrategie von direktem Angriff und Nahrungskonkurrenz waren die einheimischen nicht gewachsen. Das ökologische Gleichgewicht verschob sich zugunsten der Neuankömmlinge, die Alteingesessenen hatten das Nachsehen.
Nach Ansicht von Suarez zeigt dieser Strategiewechsel im Laufe der Zeit, dass gerade die Erforschung von biologischen Invasionen nur mithilfe von Langzeitstudien möglich ist. Kurze Untersuchungen zeigen dagegen oft nur ein Fragment des größeren Geschehens. „Die Art, wie die invasive Spezies mit der Umwelt interagiert kann sich im Laufe der Zeit ändern”, so der Forscher. „Nur wen wir eine Invasion in Echtzeit verfolgen können wir die dynamischen Prozesse verstehen, die es den fremden Arten ermöglichen, letztlich zu gewinnen.“
(Universität von Illinois, 24.12.2007 – NPO)