Die Evolutionstheorie Darwins ist zwar wissenschaftlich bewiesen, doch halten die meisten Amerikaner an Gott als Schöpfer des Menschen fest. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup ergab, dass in den USA rund 45 Prozent der Erwachsenen glauben, dass Gott den Menschen innerhalb der vergangenen 10.000 Jahre geschaffen hat. Das berichtet das Magazin National Geographic Deutschland in seiner November-Ausgabe.
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Weitere 37 Prozent der befragten Amerikaner sind der Ansicht, dass eine göttliche Initiative am Anfang allen Seins war und die Evolution in Gang setzte. Nur eine Minderheit der Amerikaner (zwölf Prozent) glaubt, dass sich die Menschheit ohne das Zutun eines Gottes aus anderen Lebensformen entwickelt hat.
Der mehrheitliche Glaube an einen Gott als Schöpfer hat auch Auswirkungen auf den Schulunterricht in den USA: In 31 von 50 Bundesstaaten der USA gibt es zurzeit juristischen Streit darüber, wie man in der Schule die Entwicklungsgeschichte lehrt. Aber auch an Europas Schulen gibt es offenbar Skepsis bezüglich der Theorien Darwins: Die italienische Bildungsministerin Letizia Moratti wollte in diesem Frühjahr die von Darwin begründete Evolutionstheorie vom Lehrplan der 13-14-jährigen Schüler streichen und stattdessen die Schöpfungsgeschichte der Bibel unterrichten lassen. Erst nach massiven Protesten gab sie ihr Vorhaben auf.
Die Darstellungen der Bibel, wonach das Universum, die Erde und das Leben vor 10.000 Jahren von Gott erschaffen wurden, nimmt – nach einer Umfrage des Schweizer Meinungsforschungsinstituts IHA-Gfk – auch jeder Fünfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz wörtlich. Etwa genauso viele stimmen der Ansicht zu, dass es zwar die Evolution gebe, dass sie aber von Gott gesteuert werde. An eine Evolution, wie Darwin sie beschrieb, bei der Gott keine Rolle spielt, glauben in Deutschland mit 46 Prozent fast jeder Zweite, in Österreich knapp 41 Prozent, in der Schweiz aber nur jeder Dritte (33 Prozent).
Kaum noch wissenschaftliche Zweifel an Darwins Theorie
Dabei lässt die Wissenschaft inzwischen kaum noch Zweifel an der Richtigkeit der Theorie Darwins. Seine Idee der Evolution der Arten und die natürliche Auslese als Motor dieser Entwicklung hat er bereits 1859 in seinem Werk „Die Entstehung der Arten“ ausführlich dargelegt. Darin schreibt er, dass kleine, zufällige erbliche Unterschiede zwischen Lebewesen einer Art unterschiedliche Überlebens- und Vermehrungschancen zur Folge haben. Wer besser an seine Umwelt angepasst ist, hat größere Chancen zu überleben und sich fortzupflanzen. Diese natürliche Auslese führt dazu, dass sich über viele Generationen hinweg Aussehen, Körperbau und Verhalten der Nachkommen verändern und weiterentwickeln.
Darüber hinaus können sich bei räumlich isolierten Populationen neue Arten bilden, wenn sich diese Lebewesen an die speziellen örtlichen Gegebenheiten anpassen. Dieses „Divergenzprinzip“ erklärt die Veränderungen innerhalb einer Art und die Entstehung der Artenvielfalt auf der Erde. Heute dient auch die moderne Genetik dazu, Darwins Theorie zu untermauern. So zeigen etwa Untersuchungen des Erbguts der Maus, dass sie 30.000 Gene besitzt, von denen 99 Prozent direkte Entsprechungen bei Menschen haben. Diese Ähnlichkeit zwischen Maus und Mensch sowie neues Wissen aus Disziplinen wie Bevölkerungsgenetik, Biochemie und Molekularbiologie stützt, bestätigt und ergänzt Darwins Evolutionstheorie.
(ots, National Geographic Deutschland, 22.10.2004 – DLO)