Koexistenz mit tödlichem Pilz: Obwohl der Chytridpilz weltweit ein Massensterben von Amphibien anrichtet, scheint er Fröschen und Kröten in zwei Gebieten nichts auszumachen: In lllinois und Korea koexistieren sie seit über hundert Jahren mit dem Pilz, wie zwei Forschergruppen herausgefunden haben. Diese Funde können helfen, die Amphibienseuche besser zu verstehen und zu bekämpfen, berichten die Forscher.
Die Amphibienseuche Chytridiomykose führt weltweit zum Massensterben vieler Amphibienarten. Schuld daran ist ein tödlicher Pilz, der die Haut befällt, über die die Tiere atmen. Der Chytridpilz gilt verglichen mit allen anderen Krankheiten als die größte Bedrohung der Artendiversität unter Amphibien. Bereits mehr als 200 Arten sind von der Seuche betroffen und sogar auf Madagaskar, einem Hotspot der Artenvielfalt, wurde der Pilz jüngst nachgewiesen.
Museumsexemplare untersucht
Um mehr über Herkunft und Entwicklung des Chytridpilzes herauszufinden, haben zwei Forschergruppen nun hunderte Museumsexemplare von Fröschen und Kröten untersucht und dabei mit genetischen Methoden nach Spuren des Pilzes gefahndet. Vance Vredenburg von der San Francisco State University und seine Kollegen suchten im Mittleren Westen der USA, Jonathan Fong von der Seoul National University in Südkorea.
Zu ihrer Überraschung waren die ersten vom Pilz befallenen Exemplare bereits über 100 Jahre alt. In Illinois fanden die Forscher die Krankheit bei Individuen, die vor 126 Jahren lebten und in Korea entdeckten sie Exemplare mit dem Pilz aus dem Jahr 1911. Beim Vergleich der beiden Studien zeigte sich jedoch, dass es große Unterschiede gibt, wie sich der Pilz regional ausbreitet. Waren in Illinois damals wie heute durchschnittlich etwa zehn Prozent der Amphibien betroffen, zeigt sich bei den Ergebnissen aus Korea, dass der Pilz um 1900 sehr viel seltener war, als er es heute ist.
Das zeigt, so Vredenburg, dass der Pilz sich von Ort zu Ort anders verhält und ausbreitet. Das ist eine Schlüsselinformation für Biologen, die die Verbreitung des Pilzes untersuchen. „Um Teile der Krankheiten verstehen zu können, muss man die Dynamiken der Wirte und Erreger verstehen“, sagt Vredenburg. „Was wir jetzt haben ist ein Anhaltspunkt, wo die Dynamiken seit gut über 100 Jahren stabil sind.“
Amphibien leben mit Chytripilz
Das Erstaunliche an den Funden ist, dass die Forscher keine schädlichen Folgen für die Amphibien erkennen konnten: In beiden Fällen führte der Befall zu keinem Artensterben, wie es heute weltweit zu beobachten ist. Daraus schließen die Forscher, dass die Tiere in diesen Gebieten offenbar mit dem Pilz koexistieren können: Ein kleiner Teil der Amphibien wird zwar befallen, es gibt dort aber kein Massensterben wie es in den meisten anderen Regionen der Fall ist.
Im nächsten Schritt wollen die Forscher nun herausfinden, wie die Amphibien in Illinois und Korea es schaffen, mit dem Pilz zu leben. Denn das Wissen darüber könnte dabei helfen, die Anfälligkeit von Amphibien in anderen Regionen für den Pilz abzuschätzen – und vielleicht auch ein Mittel gegen den Artenverlust und die Ausbreitung des Pilzes zu finden. (Biological Conservation, 2015, doi: 10.1016/j.biocon.2014.12.007; PLOS ONE, 2015, doi: 10.1371/journal.pone.0115656)
(San Francisco State University, 05.03.2015 – MAH)