Biologie

Amphibienseuche: Rettung in Sicht?

Wie ein Virus die tödliche Pilzinfektion bei Fröschen bekämpfen könnte

Frosch
Frösche erfüllen wichtige ökologische Funktionen, sind jedoch durch Pilzerkrankungen bedroht. © Zocha_K / iStock

Viraler Helfer: Weltweit sterben Frösche und Kröten an einer tödlichen Pilzkrankheit. Doch jetzt könnten Biologen einen Gegenspieler dieser globalen Amphibienseuche gefunden haben. Bei DNA-Analysen des Pilzes Batrachochytrium dendrobatidis haben sie ein Virus entdeckt, das diesen Pilz befällt. Im Normalfall scheint dieser Erreger zwar die Ausbreitung des Chytridpilzes sogar zu beschleunigen. Doch mithilfe von Genmanipulationen könnte das Virus auch zu einem Gegenmittel umfunktioniert werden, wie das Team in „Current Biology“ berichtet.

Amphibien kämpfen weltweit gegen Lebensraumverlust, Umweltschäden sowie den Klimawandel. Noch dazu werden sie durch eine tödliche Pilzerkrankung dezimiert. Die von dem Pilz Batrachochytrium dendrobatidis – kurz Bd – verursachte Amphibienseuche befällt die Haut von Fröschen und Kröten, was ihren Stoffwechsel, ihren Elektrolythaushalt und ihre Atmung stört und letztlich zum Tod der Tiere führt.

Der Chytridpilz Bd stammt ursprünglich aus Asien, wo unter anderem durch den Amphibienhandel ein neuer, besonders aggressiver Stamm des Pilzes entstanden ist. Dieser hat sich dann rasant über die gesamte Welt ausgebreitet. Mehr als 500 Amphibienarten verzeichnen seither einen Populationsrückgang, 90 Arten könnten wegen des Pilzes sogar bereits ausgestorben sein. Bisher gibt es kein Heilmittel gegen die Seuche.

Spurensuche im Genom des Bd-Pilzes

Nun ist möglicherweise Abhilfe in Sicht: Ein Wissenschaftlerteam um Rebecca Clemons von der University of Michigan hat durch Zufall einen möglichen Weg gefunden, den Pilz unschädlich zu machen und die Amphibienpandemie zu beenden. Die Biologen entdeckten ein Virus, das einige Stämme des Pilzes infizieren kann. Bisher waren zwar schon einige pilzbefallende Viren bekannt. Allerdings infizieren nur wenige davon die Pilze, die Krankheiten bei Tieren auslösen können.

Gefunden haben Clemons und ihre Kollegen das BdDV-1 getaufte Virus, als sie das Erbgut von verschiedenen Populationen des Bd-Pilzes untersuchten. Ursprünglich wollten die Biologen damit genauer nachvollziehen, wie sich der Pilz genetisch entwickelt hat und durch welche Mutationen er für Frösche und Kröten so tödlich geworden ist.

Verstecktes Virus im Pilz-Erbgut

Bei der Analyse stießen die Forschenden jedoch auf DNA-Abschnitte, die nicht Teil des Pilzerbguts waren. „Wir erkannten, dass diese zusätzlichen Sequenzen, wenn sie zusammengefügt wurden, die Merkmale eines viralen Genoms aufwiesen“, sagt Seniorautor Jason Stajich von der University of California in Riverside. Für die Biologen war dies ein überraschender Fund, denn frühere, gezielte Suchen nach einem solchen Virus waren nicht erfolgreich.

Doch wie konnte sich dieses Virus so gut verstecken? Anders als die meisten Viren, die Pilze befallen, besitzt das Virus BdDV-1 als Erbgut keine doppelsträngige RNA, sondern eine einzelsträngige DNA, wie Folgetests von Clemons und ihre Kollegen ergaben. Dadurch kann das Viren-Erbgut besonders gut ins Genom des Bd-Pilzes aufgenommen werden, wo es gut getarnt ist und in den früheren Studien übersehen wurde.

Sporenbildende Strukturen des Bd-Pilzes unter dem Mikroskop
Sporenbildende Strukturen des Bd-Pilzes. © Mark Yacoub/UCR

Virus verändert den Pilzbefall

Aber welche Folgen hat der Virenbefall für den Amphibienpilz? Untersuchungen ergaben, dass mit dem Virus befallene Pilze sich anders verhalten als nicht infizierte: „Wenn diese Stämme das Virus besitzen, produzieren sie weniger Sporen, sodass die Pilze sich langsamer verbreiten“, sagt Stajich. Allerdings gilt diese Beobachtung nur für Laborkulturen der Pilze.

In Amphibien breiten sich mit dem Virus infizierte Bd-Pilze hingegen sogar schneller aus und sind noch tödlicher für die Tiere, wie Versuche mit Zwergkrallenfröschen ergaben. „Diese scheinbar widersprüchlichen Ergebnisse wurden bisher erst bei einem anderen Pilz-Virus beobachtet“, erklären die Wissenschaftler. Eine mögliche Erklärung dafür könnten Wechselwirkungen mit dem Immunsystem der tierischen Wirte sein, aber auch weitere, noch unerforschte Faktoren.

Virus-DNA als Schlüssel gegen die Amphibienseuche?

„Die Entdeckung, dass der Chytridpilz diese Viren beherbergt, bietet die Chance, die einzigartige Biologie dieser Viren zu nutzen, beispielsweise in der Gentechnik und der biologischen Bekämpfung des Pilzes“, konstatieren Clemons und ihr Team. Für Letzteres müsste das Virus jedoch im Labor gentechnisch so verändert werden, dass es die Pilzerkrankung bei Amphibien deutlich hemmt oder unschädlich macht.

Um diese Möglichkeiten auszuloten, wollen die Forschenden nun das Virus BdDV-1 klonen, verschiedene Stämme des Bd-Pilzes damit infizieren und beobachten, wie diese jeweils darauf reagieren. Anschließend könnten die Biologen dann die Virus-DNA so verändern, dass die Pilze weniger Sporen bilden oder die Kröten und Frösche auf andere Weise nicht länger unter dem Pilzbefall leiden und sterben.

Dafür müssen die Biologen jedoch zunächst das Virus selbst besser erforschen und verstehen. „Wir wissen nicht, wie das Virus den Pilz infiziert, wie es in die Zellen gelangt“, sagt Yacoub. „Wenn wir das Virus so manipulieren wollen, dass es Amphibien hilft, brauchen wir Antworten auf Fragen wie diese.“ (Current Biology, 2024; doi: 10.1016/j.cub.2024.02.062)

Quelle: University of California – Riverside

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