Ausnahmsweise gibt es einmal eine gute Nachricht in Sachen Artenschutz: Der extrem selten gewordene Amurtiger, auch Sibirischer Tiger genannt, breitet sich auf der Suche nach Lebensraum immer weiter nach Norden aus. Dies geht aus dem nun vorgelegten Abschlussbericht zur bislang umfassendsten Amurtigerzählung von 2005 hervor.
Zum ersten Mal seit 30 Jahren wurden Tigerspuren nördlich des Flusses Amur nachgewiesen, ein Tiger wanderte sogar über 900 Kilometer nach Norden. Der WWF-Experte für den Russischen Fernen Osten, Frank Mörschel: „Das ist ein gutes Zeichen. Es deutet darauf hin, dass die bisherigen Lebensräume im Süden von Tigern besetzt sind und die Population expandiert.“ Dafür spräche auch, dass immer wieder Tiger über die Grenze nach China gehen.
Die jüngste „Tiger-Volkszählung“ im Russischen Fernen Osten im Jahr 2005 hatte gezeigt, dass der Bestand der bedrohten Raubkatze zwischen 1995 und 2005 mit schätzungsweise mindestens 428 bis maximal 502 Exemplaren stabil geblieben ist. Zehn bis zwanzig Amurtiger leben wieder im chinesischen Grenzgebiet zu Russland.
Insgesamt erarbeiteten fast eintausend Forscher umfangreiche Detailkenntnisse, die dem WWF und den Naturschutzbehörden helfen, mehr für den Schutz der Tiger zu tun: „Wir können nun nachweisen, dass die Tiger ein Leben in Kiefer- und Eichenwäldern bevorzugen, wo sie ausgiebig Jagd auf Rehe, Hirsche und Wildschweine machen können.“ Auch ungestörte Flusslandschaften, die sie als „Wanderrouten“ nutzen und in denen ihre Beutetiere überwintern, spielten eine wichtige Rolle für das Überleben der Sibirischen Tiger. Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse konnten rund 350.000 Quadratkilometer als geeigneter Lebensraum für die Tiger identifiziert werden – das entspricht in etwa der Fläche Deutschlands.
Bedenklich ist allerdings der Trend in 16 besonders intensiv untersuchten Regionen: In der Hälfte der Gebiete fanden die Forscher keinen oder nur noch wenig Nachwuchs. 1998 hatten sie nur in einem Viertel der Regionen keine Tigerkinder nachweisen können. „Die Ursachen dieses starken Rückgangs müssen wir jetzt klären“, so WWF-Experte Mörschel.
(WWF, 28.03.2007 – NPO)