Sah so der Urahn aller zellkerntragenden Zellen aus? In den Tiefen des Atlantiks haben Forscher Mikroorganismen entdeckt, die den gesamten Stammbaum des Lebens durcheinander bringen könnten. Denn diese zu den Archaeen gehörenden Wesen sind die engsten Verwandten aller Eukaryoten – und damit aller mehrzelligen Organismen und aller Einzeller mit Zellkern. Ein urzeitlicher Vertreter dieser Archaeengruppe könnte einst zum ersten Eukaryoten geworden sein, wie Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Nach gängiger Theorie gibt es drei Domänen des Lebens: die Bakterien, die ebenfalls zellkernlosen Archaeen und die Eukaryoten – Organismen, deren Zellen einen Kern und verschiedene Organellen besitzen. Zu diesen gehören auch alle Mehrzeller inklusive des Menschen. Der Endosymbiontentheorie nach entstand die erste eukaryotische Zelle, als eine Vorläuferzelle ein Bakterium in sich aufnahm und damit den Grundstein für eine interne Gliederung legte.
Woher allerdings die Empfängerzelle kam und worum es sich bei ihr handelte, war bisher unklar. Zwar deuten einige genetische Ähnlichkeiten darauf hin, dass es ein Archaeon gewesen sein könnte. Die bisher bekannten Vertreter der Archaeen erschienen aber zu simpel und primitiv, um als direkte Vorläufer oder enge Verwandte der Eukaryoten in Frage zu kommen.
Blick in die „dunkle Mikrobenwelt“
Das hat sich nun geändert – durch einen Fund mitten im Atlantischen Ozean. Im Rahmen einer Expedition hatten Anja Spang von der Universität Uppsala und ihre Kollegen am mittelatlantischen Rücken nahe dem hydrothermalen Feld „Loki’s Castle“ Sedimentproben entnommen und sie später auf ihre Organismenzusammensetzung hin im Labor analysiert. Zur Identifizierung nutzten die Forscher dabei die Gene und Proteine, die in den Proben zu finden waren.