Ganz einfach in ein Gerät atmen statt aufwendige Röntgenaufnahmen oder eine Lungenspiegelung unter örtlicher Betäubung zu erdulden – so leicht macht ein neues Diagnoseverfahren bald die Untersuchung für Patienten, bei denen der Verdacht auf einen Lungentumor besteht. Das Testverfahren weist Lungentumore aus der Atemfeuchtigkeit nach – und zwar in einem besonders frühen Stadium.
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50.000 Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland an Lungenkrebs. Karzinome der Lunge sind damit in der Bundesrepublik die dritthäufigste Krebsart. Als Ursache für Sterbefälle bei Krebspatienten stehen Lungentumore sogar auf Platz Eins. Die Früherkennung von Lungenkarzinomen, die für optimale Heilungschancen von großer Bedeutung ist, gilt als äußerst schwierig. Denn in der Frühphase der Erkrankung lässt sich nur schwer zwischen chronisch-entzündlichen und tumorbedingten Beschwerden unterscheiden.
Hinzu kommt, dass die aktuell verfügbaren Untersuchungsmethoden mit erheblichen Belastungen für die Patienten verbunden sind. Das gilt für röntgenologische Verfahren mit ihrer Strahlenbelastung ebenso wie für Spiegelungen der Atemwege durch eine Bronchoskopie, die häufig mit einer Lungenspülung (Lavage) oder einer Entnahme von Gewebeproben verbunden wird. In der Praxis fehlte vor allem eine einfache und den Patienten wenig belastende Screeningmethode, mit deren Hilfe Risikopatienten möglichst früh und in größerem Maßstab auf Lungenkarzinome untersucht werden konnten.
Atemfeuchtigkeit als Testobjekt
In einem Projekt der Stiftung Industrieforschung hat ein Forscherteam der Universität Leipzig und des dortigen Fraunhofer Instituts für Zelltherapie und Immunologie nun ein neues, einfaches und nebenwirkungsfreies Testverfahren für die Früherkennung von Lungentumoren entwickelt. Das neue Verfahren funktioniert ohne aufwendige Röntgentechnik oder unangenehme Eingriffe in die Lunge. Der Patient muss lediglich eine Viertelstunde lang in ein Gerät atmen, das die ausgeatmete Feuchtigkeit – das Atemkondensat – auffängt und sammelt.
Dieses Atemkondensat wird näher untersucht. Den Leipziger Forschern ist es gelungen, in der ausgeatmeten Feuchtigkeit bestimmte Eiweißmoleküle zu identifizieren, die als Tumormarker den Nachweis für ein Bronchialkarzinom erbringen können. Und dies mit großer Sicherheit: Das Testverfahren ist in der Lage, 100 Prozent der Erkrankungen zu erfassen. Dabei liegt das Risiko einer falsch positiven Detektion bei weniger als 12 Prozent.
Martkreifes Produkt angestrebt
Das Nutzenpotential des neuen Testverfahrens liegt auf der Hand: Es erlaubt, eine Vielzahl von Risikopatienten ohne großen Aufwand zu untersuchen und diejenigen, bei denen der begründete Verdacht auf einen Tumor festgestellt wird, zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt als bisher einer Therapie zuzuführen. „Dies erschließt den Patienten zukünftig völlig neue Therapiemöglichkeiten“, betonen die Projektleiter Professor Ulrich Sack und Jörg Lehmann.
Die beiden Forschungsinstitute arbeiten bereits mit Unternehmen zusammen, die diese Testmethodik in ein marktreifes Produkt umsetzen wollen. „Damit stehen die Chancen gut, die Ergebnisse dieses wichtigen Forschungsprojekts in die medizintechnische Praxis zu überführen und die Heilungschancen von zahlreichen Lungenkrebs-Patienten zu verbessern“, unterstreichen die Stiftungsvorstände Wolfgang Lerch und Peter Weirich.
(Stiftung Industrieforschung, 10.09.2008 – NPO)