Wal-Eierstöcke verraten Wechseljahre
Jetzt haben Ellis und sein Team zwei weitere Walarten identifiziert, bei denen die Weibchen Wechseljahre durchlaufen und dann noch weiterleben. Für ihre Studie hatten sie die Eierstöcke von 16 Arten von Zahnwalen untersucht, denn an ihnen ist erkennbar, ob noch regelmäßige Eisprünge stattfinden oder ob dies, wie nach den Wechseljahren typisch, nicht mehr der Fall ist.

Auch Narwale gehören zu den Walarten mit postmenopausalen Weibchen. © Kristin Laidre/ Polar Science Center, UW NOAA/OAR/OER
Das Ergebnis: Während bei Schweinwalen, Pottwalen und allen Delfinarten die Weibchen fast bis zum Ende ihres Lebens Junge bekommen können, ist dies bei Belugawalen und Narwalen nicht der Fall. Auch sie durchlaufen Wechseljahre und leben danach noch Jahrzehnte weiter, wie die Forscher feststellten. Ihre Studie bestätigte auch die Vermutung, dass kurzflossige Grindwale ebenfalls Wechseljahre durchleben.
Belugas und Narwale gehören auch dazu
„Dies ist unseres Wissens nach der erste Beleg für eine postmenopausale Lebensspanne bei Belugas und Narwalen“, sagen Ellis und seine Kollegen. „Damit verdoppeln unsere Ergebnisse nun die Zahl der bekannten, nichtmenschlichen Säugetiere mit dieser ungewöhnlichen Lebensstrategie.“
Interessant auch: Beide Walarten sind zwar eng miteinander verwandt, stehen aber im Stammbaum der Meeressäuger weit entfernt von den Orcas und Grindwalen. Die Forscher vermuten daher, dass sich die für Säugetiere exotische Lebensstrategie des postmenopausalen Weiterlebens bei den Walen mindestens zweimal unabhängig voneinander entwickelt haben muss – einmal bei Narwalen und Belugas und einmal bei den Vorfahren von Orcas und Grindwalen.
Auf die Gruppenstruktur kommt es an
Doch warum gibt es nur bei einigen wenigen Zahnwal-Arten ein Überleben der Weibchen nach den Wechseljahren und nicht bei allen? Der Grund dafür liegt wahrscheinlich in den sehr unterschiedlichen sozialen Strukturen dieser Wale, wie die Forscher erklären. Während viele Walarten und Delfine eher lose Gruppen mit wechselnden Zugehörigkeiten bilden, ist dies bei Orcas, Belugas und Narwalen nicht der Fall.
„Bei Orcas bleibt der Nachwuchs ein Leben lang mit ihren Müttern in einer Gruppe zusammen“, erklärt Ellis. „Dadurch besteht die Gruppe eines älteren Weibchens mit der Zeit aus immer mehr Kindern, Enkeln und Urenkeln.“ Auch bei Belugas und Narwalen konzentrieren sich die Gruppen um Mütter und ihren Nachwuchs.
Oma als Matriarchin
Wenn nun das Weibchen immer weiter Junge bekommen würde, würden diese verstärkt untereinander konkurrieren. Aus evolutionärer Sicht ist es für das Überleben möglichst vieler Nachkommen daher sinnvoller, wenn die „Matriarchin“ nach einiger Zeit unfruchtbar wird und sich in den Dienst der Gruppe stellt. „Ihr Wissen darum, wo die besten Futterplätze sind, kann beispielsweise der Gruppe dabei helfen, zu überleben“, so Ellis.
Allerdings: Es gibt auch einige andere Walarten wie die langflossigen Grindwale, die eine ganz ähnliche Gruppenstruktur aufweisen. Trotzdem leben bei ihnen die Weibchen nicht über das Ende ihrer fruchtbaren Zeit hinaus. „Das unterstreicht, dass es nicht nur die demografischen Strukturen sind, sondern wahrscheinlich auch das Gleichgewicht weiterer Vorteile und Nachteile, die zur Evolution einer postmenopausalen Lebensspanne führen“, sagen die Forscher. (Scientific Reports, 2018; doi: 10.1038/s41598-018-31047-8)
(University of Exeter, 28.08.2018 – NPO)
28. August 2018