Wie der Mensch bewegen sich auch Delfine am liebsten unter ihresgleichen: Sie bilden bevorzugt Cliquen mit Artgenossen, die bei der Jagd das gleiche Werkzeug benutzen. Das haben US-amerikanische Forscher in der Shark Bay vor der Westküste Australiens beobachtet. Dort haben einige Delfine gelernt, einen größeren Schwamm ins Maul zu nehmen und damit wie mit einem Rechen den Meeresboden aufzuwühlen. Dadurch werden kleinere Meerestiere aufgescheucht, die die Delfine dann fressen. Jetzt zeigt sich, dass Tiere mit dieser Jagdstrategie bevorzugt sozialen Kontakt mit Delfinen eingehen, die ebenfalls diese Technik beherrschen.
Für die Delfine der Shark Bay sei die Jagd mit den Schwämmen ein Lebensstil, der ihre sozialen Beziehungen beeinflusse – ähnlich wie ein gemeinsames Interesse bei Menschen, berichten die Biologen im Fachmagazin „Nature Communications“. Dass durch erlernte Verhaltensweisen wie die Schwammjagd solche Subkulturen innerhalb einer Gemeinschaft entstehen, habe man im Tierreich zuvor noch nie beobachtet, sagen die Forscher.
Die Delfine in der australischen Shark Bay lernen als Jungtiere von ihren Müttern, wie sie einen Schwamm zum Beutefang nutzen können. Dieses Verhalten wird nur auf diesem Wege – von einer Generation zur anderen – weitergegeben, wie die Forscher berichten. Gleichaltrige Mitglieder der Delfingemeinschaft lernten dagegen nicht voneinander. In der Shark Bay beherrscht nur eine kleine Minderheit von 55 Delfinen unter weit über Tausenden diese Technik. Das sei ungewöhnlich, schreiben Janet Mann von der Georgetown University in Washington D.C. und ihre Kollegen. Denn in nahezu allen anderen Fällen von Werkzeugnutzung im Tierreich beherrsche die gesamte Gruppe diese Fähigkeit oder zumindest alle Vertreter eines Geschlechts.
Soziale Netze der Delfin-Population analysiert
Für ihre Studie hatten die Forscher die sozialen Kontakte von 439 weiblichen und männlichen Delfinen in der Shark Bay analysiert. Unter diesen waren 36 Schwammjäger, die meisten von ihnen Weibchen. Insgesamt werteten die Forscher 14.651 Sichtungen dieser Delfine aus. Waren bei einer Sichtung zwei Tiere weniger als zehn Meter voneinander entfernt oder reagierten aufeinander, gelte dies normalerweise als Kontakt , wie die Biologen erklären. Aus den Sichtungsdaten entwickelten sie ein Modell, das das soziale Netz der einzelnen Tiere sichtbar macht und die Enge ihrer Bindungen zu anderen Tiere zeigt.
Die Schwammjäger seien bevorzugt in sozialen Netzen zu finden, in denen es auch schon andere Schwammjäger gebe, berichten die Forscher. Sie bildeten die große Mehrheit in zwei der sechs Untergruppen der Delfinpopulation. Zwar hätten die mit Schwämmen jagenden Delfine auch regelmäßige Kontakte mit Nicht-Schwammjägern, am häufigsten und engsten aber seien die zu Gleichgesinnten. Das sei erstaunlich, weil die Jagd selbst nie in Gruppen, sondern stets einzeln stattfinde. (doi:10.1038/ncomms1983)
(Nature Communications, 01.08.2012 – NPO)