Von wegen stumpfe Räuber: Auch Haie besitzen individuelle Persönlichkeiten, wie britische Forscher herausgefunden haben. So suchen einige junge Katzenhaie lieber Schutz in der Gruppe, andere tarnen sich lieber allein am Meeresboden vor ihren Fressfeinden. Das Besondere daran: Ein sozial veranlagter Hai sucht immer die Gruppe, auch wenn er auf neue Artgenossen stößt. Ein Einzelgänger bleibt dagegen immer eher allein.
Es gibt inzwischen einige Hinweise darauf, dass auch Tiere individuelle Eigenheiten und eine Art Persönlichkeit besitzen. So bevorzugen Schimpansen Freundschaften mit ähnlicher Natur wie sie selbst – frei nach dem Motto: „Gleich und gleich gesellt sich gern“. Aber selbst bei Spinnen und Honigbienen gibt es soziale und unsozialere Typen sowie Draufgänger und Angsthasen, wie Studien zeigen.
Dass sich Haie nicht nur in ihrem Mut oder ihrem Erkundungsdrang unterschieden, sondern sogar verschiedenen soziale Persönlichkeiten besitzen, das belegen nun Beobachtungen an Kleingefleckten Katzenhaien (Scyliorhinus canicula). Diese im Mittelmeer und im Nordost-Atlantik häufigen Haie leben normalerweise als Einzelgänger. Ab und zu jedoch bilden sie auch Gruppen aus Tieren jeweils des glichen Geschlechts, die dann neben- und übereinander am Meeresboden ruhen.
Gruppenkuschler oder Einzelgänger?
„Im freien Wasser sind diese kleinen Jungtiere eine leichte Beute für größere Raubfische“, erklärt Koautor Darren Croft von der University of Exeter. „Deshalb haben sie unterschiedliche Schutz-Strategien entwickelt.“ So können die Haie sich tarnen, indem sie Nahrungspartikel und Sediment an ihre raue Haut anheften. Sie nähern ihre Färbung so der des Meeresbodens an und sind dadurch gut getarnt. Eine andere Strategie ist die Gruppenbildung, denn auch sie schützt die einzeln eher wehrlosen Junghaie vor dem Gefressenwerden.
Welche Strategie die Junghaie nutzten, verfolgten David Jacoby von der Marine Biological Association of the UK (MBA) und seine Kollegen, indem sie zehn Gruppen von jungen Katzenhaien in drei verschiedenen Habitattypen hielten und beobachteten, wie sich die einzelnen Tiere verhielten, wenn sie umgesetzt wurden.
Eine Frage der Persönlichkeit
Wie sich dabei zeigte, ist es keineswegs Zufall, wie sich ein Junghai dabei verhält: „Wir haben festgestellt, dass sozial veranlagte Individuen auch in neuen Habitaten dazu neigten, eng mit anderen verknüpft zu bleiben“, berichtet Jacoby. Die Haie, die von Anfang an eher einzelgängerisch waren und sich eher allein am Meeresboden tarnten, behielten dieses Verhalten auch in andern Becken und fremden Umgebungen bei.
Nach Ansicht der Forscher spricht dies dafür, dass die Haie unterschiedliche soziale Persönlichkeiten besitzen. „Wir definieren Persönlichkeit als Verhalten, dass zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten immer wieder auftritt“, erklärt Croft. Und genau diese Konstanz des Verhaltens habe man bei den einzelnen Junghaien beobachtet. „Damit zeigt diese Studie zum ersten Mal, dass auch Haie soziale Persönlichkeiten haben“, so Croft. (Behavioral Ecology and Sociobiology, 2014; doi: 10.1007/s00265-014-1805-9)
(University of Exeter, 02.10.2014 – NPO)