Oh, wie süß! Das Kindchenschema sorgt dafür, dass wir Babys aber auch junge Hunde oder Katzen unwiderstehlich niedlich finden. Ein Experiment zeigt nun: Dieser Anziehungskraft können sich selbst kleine Kinder nicht entziehen. Auch sie unterscheiden schon sehr genau zwischen dem typisch kindlichen Aussehen und erwachseneren Gesichtern. Das belegt, wie tief die Reaktion auf das Kindchenschema in uns verankert ist.
Rundes Gesicht, große Augen, hohe Stirn: Diese Merkmale sind typisch für kleine Kinder und junge Tiere – und sie machen sie geradezu unwiderstehlich. Dass wir auf Lebewesen mit diesem Kindchenschema mit Hilfsbereitschaft und Zuneigung reagieren, ist kein Zufall. Denn diese instinktive Reaktion trug schon bei unseren Vorfahren dazu bei, dass sie ihre Kinder und die ihrer Mitmenschen schützen und nicht angreifen – und so das Überleben unserer Art sichern.
Unklar war bisher jedoch, ob das Kindschenschema erst ab einem bestimmten Alter zu wirken beginnt. Um das zu klären, führten Marta Borgi von der University of Lincoln und ihre Kollegen ein Experiment mit drei bis sechsjährigen Kindern durch. Dafür manipulierten sie Bilder von Hunden, Katzen, Kindern und erwachsenen Menschen so, dass sie entweder das Kindchenschema künstlich verstärkten – beispielsweise indem sie Augen und Stirn vergrößerten – oder aber es verringerten. Die Reaktion der Kinder wurde über Eyetracker und durch Befragung ermittelt.
Klare Vorliebe fürs Kindchenschema
Die Auswertung ergab deutliche Unterschiede: Schon die dreijährigen Kinder schauten sich die Bilder der künstlich auf kindlich getrimmten Gesichter und Tierköpfe länger an als die erwachsener aussehenden. Auch in den Beurteilungen der Kindern rangierten die kindlicheren Portraits weiter oben. „Unsere Ergebnisse liefern eine klare Demonstration, dass die Vorliebe für diese Merkmale schon in sehr jungem Alter vorhanden sind“, sagt Borgi.
Die instinktive Reaktion auf das Kindchenschema ist zudem auch bei Kindern offensichtlich nicht auf den Menschen begrenzt, sondern erstreckt sich auch auf Tiere. Auch bei Hund oder Katze sprechen sie klar auf die typischen Signale junger Tiere an. Interessanterweise scheinen für kleine Kinder dabei Hunde aber generell besonders anziehend zu sein: Selbst die auf erwachsen getrimmten Hundegesichter lagen in der Beliebtheit noch vor Menschen und Katzen. (Frontiers in Psychology, 2014; doi: 10.3389/fpsyg.2014.00411)
(University of Lincoln, 22.07.2014 – NPO)