Orang-Utans besitzen bereits Ansätze einer eigentlich als typisch menschlich angesehenen Fähigkeit: die der Empathie, des sich in die andere Person Hineinversetzens. Das ist das in der Fachzeitschrift „Biology Letters“ veröffentlichte Ergebnis von Spielversuchen, bei denen die Affen unwillkürlich die Mimik ihrer Artgenossen nachahmten.
{1l}
Sehen wir einen Menschen lächeln, oder gähnen werden wir unwillkürlich dazu angeregt ihn nachzuahmen und ebenfalls zu lächeln oder zu gähnen. Dieser Mechanismus der emotionalen Ansteckung ist die Voraussetzung dafür, dass wir die Gefühle anderer verstehen, uns in sie hineinversetzen und Mitgefühl entwickeln können. Ob diese bisher nur beim Menschen bekannte Fähigkeit in Ansätzen bereits bei Tieren vorkommt, war bislang unklar.
Nachahmung des Spielgesichts
Bei Untersuchungen zum Spielverhalten von Orang-Utans beobachteten Marina Davila Ross vom Zentrum für Neurowissenschaften der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), und ihre Betreuerin, Professor Elke Zimmermann, über Videoanalysen, dass Orang-Utans spontan die Mimik ihres Spielpartners nachahmen. Sie verfügen damit offenbar bereits über Mechanismen, die bisher als menschspezifisch angesehen wurden.
„Zeigt ein Orang-Utan bei der Aufforderung zum Spiel oder während des Spiels ein so genanntes Spielgesicht, imitiert sein Spielpartner diese Mimik in weniger als einer Sekunde. Diese spontane Nachahmung eines emotionalen Ausdrucks ist eigentlich typisch für menschliches Verhalten. Unsere Analysen zeigen aber, dass diese Anlage bereits bei Menschenaffen ausgebildet ist“ beschreibt Zimmermann die Ergebnisse.
Erster Hinweis auf biologischen Ursprung
Ross, jetzt am Center for the Study of Emotions, University of Porthmouth, tätig, ergänzt: „Bei Menschen kann das Nachahmen der Mimik unwillkürlich und willkürlich erfolgen. Bis zu unserer Entdeckung gab es keine Hinweise darauf, dass das spontane Kopieren von Gesichtern einen biologischen Ursprung hat“.
Für ihre Studie haben die Forscherinnen das Spielverhalten von 25 Orang-Utans im Alter von zwei bis zwölf Jahren in verschiedenen Zoos und einem Rehabilitationszentrum untersucht. Dabei kopierten allerdings nicht alle Tiere in einer Gruppe die Gesichtsmimik eines potentiellen Spielpartners. Die Forscherinnen vermuten deshalb, dass noch andere Faktoren, wie beispielsweise der Bekanntheitsgrad der Tiere untereinander, eine Rolle spielen, damit die Affen den emotionalen Ausdruck ihres Gegenübers kopieren.
(Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, 17.01.2008 – NPO)