Wer wartet, profitiert: Dieses oft gültige ökonomische Prinzip begreifen auch Papageien, wie nun Experimente belegen. Wenn sie die Wahl zwischen einem schlechten Futterstück jetzt und einer Leckerei später haben, entscheiden sie sich für später. Diese Fähigkeit der Impulskontrolle und der vorausschauenden Entscheidung galt lange als rein menschliche Domäne, inzwischen aber haben Affen und mehrere Vogelarten dies als Irrtum entlarvt – darunter nun auch die Papageien.
An dieser Hürde scheitern vierjährige Kinder regelmäßig: Wenn sie auf den sofortigen Genuss einer Leckerei verzichten sollen, um später die doppelte Portion zu bekommen, greifen die meisten Kleinkinder trotzdem zu. Sie verstehen noch nicht, dass es lohnender ist, zu warten. Denn dafür müssten sie sich in zukünftige Situationen versetzen und unmittelbare Bedürfnisse zugunsten des langfristigen Ziels zurückstellen – doch diese Fähigkeit entwickeln wir erst beim Heranwachsen.
Kein Wunder, dass man diese komplexe geistige Leistung lange nur uns Menschen zutraute. Inzwischen aber belegen Experimente, dass auch Schimpansen, Raben und Kakadus diese Fähigkeit zum Vorausdenken beherrschen.
Warten oder gleich fressen?
Ob auch die Papageien zu solche ökonomischen Entscheidungen fähig sind, haben nun Anastasia Krasheninnikova von der Max-Planck-Forschungsstation für Vergleichende Kognition auf Teneriffa und ihr Team untersucht. Dafür brachten sie 36 Papageien verschiedener Arten, darunter Soldaten-, Blaukehl- und Blaukopf-Aras sowie Graupapageien, zunächst bei, Spielmarken gegen Futter einzutauschen.
Der Clou dabei: Für einige Spielmarken gab es die besonders begehrten Walnüsse. Nun wurden die Vögel vor die Wahl gestellt: Entweder durften sie ein eher normales Futter wie Getreidekörner oder Sonnenblumenkerne direkt verzehren, oder sie tauschten dies gegen eine Spielmarke für Walnüsse ein. Würden die Papageien den Vorteil des Wartens erkennen?
Raffiniert taktiert
Das Ergebnis: „Die Papageien aller vier Arten entschieden sich für die Spielmarken, die für das beliebtere Futter standen“, berichten die Biologen. „Alle Papageien kontrollierten ihren Futterimpuls und wählten die Spielmarke, wodurch sie ihre spätere Belohnung maximierten.“ Wie die Forscher berichten, schnitten die Papageien bei diesen Tests genauso gut ab wie Schimpansen und sogar etwas besser als Kakadus und Kapuzineraffen.
Interessant auch: Die Papageien entschieden sich nur dann für das Warten, wenn es sich auch lohnte. Repräsentierte die Spielmarke dagegen ein geringerwertiges Futter als das vor ihnen liegende, griffen sie sofort zu. Die Spielmarke blieb ungenutzt liegen. „Papageien können folglich überlegt entscheiden und ihren Gewinn maximieren“, sagt Krasheninnikova.
Die Wissenschaftler vermuten, dass die Papageien diese Fähigkeit zum vorausschauenden Entscheiden wahrscheinlich in ihrer natürlichen Umgebung benötigen. „Da Papageien in der freien Natur so schwer zu verfolgen sind, wissen wir bisher aber zu wenig über die Herausforderungen, vor denen die Vögel stehen – zum Beispiel zu entscheiden, wo sie Futter suchen und wie lange sie bei einer Futterquelle bleiben sollten“, so Krasheninnikova. (Scientific Reports, 2018; doi: 10.1038/s41598-018-30933-5)
(Max-Planck-Gesellschaft, 24.08.2018 – NPO)