Ist die Vorliebe für Puppen bei Mädchen möglicherweise doch biologisch begründet? Forscher haben an wildlebenden Schimpansen beobachtet, dass weibliche Jungtiere deutlich häufiger „Stocktragen“ spielen als männliche. Dies ist der erste Beleg für geschlechtsspezifisches Spielverhalten bei den Menschenaffen. Wie die Wissenschaftler in „Current Biology“ berichten, ist dieses spezifische Spiel bisher nur aus einer Population in Uganda bekannt.
Trotz aller Klischees und der Versuche, diese zu durchbrechen, zeigen viele Kinder eine geschlechtsspezifische Vorliebe für bestimmtes Spielzeug: Mädchen spielen lieber mit Puppen, Jungs mit Autos. Seit langem wird darüber gestritten, welchen Anteil die Biologie und welchen von außen kommende Rollen-Sterotype daran haben. Interessanterweise haben auch einige Studien an in Gefangenschaft lebenden Affen eine geschlechtsspezifische Tendenz festgestellt: Vor die Wahl gestellt, wählten weibliche Jungtiere eher Puppen, männliche dagegen eher typische Jungenspielzeuge wie Lastwagen oder Autos. Allerdings muss dies kein Beleg für ein biologisches Fundament sein, dass dieses Verhalten in einer vom Menschen geprägten Umgebung auftrat.
„Stocktragen“ als Puppen-Analogie?
Jetzt allerdings haben Forscher im Freiland an wildlebenden Schimpansen ein Verhalten beobachtet, das die Idee einer biologischen Basis für das „Mit-Puppen-spielen“ von Mädchen möglicherweise bestätigt. Forscher der Harvard Universität und des Bates College in Maine werteten dafür 14 Jahre an Beobachtungsdaten aus der Kanyawara Schimpansen-Population im Kibale National Park in Uganda aus. In Bezug auf den Einsatz von Stöcken durch die Affen entdeckten die Forscher neben den drei bekannten typischen Verhaltensweisen noch eine vierte, zuvor nicht bekannte:
Normalerweise setzen Schimpansen Stöcke als Werkzeuge ein, um beispielsweise Löcher zu untersuchen, als Waffen oder Requisiten in aggressiven Konflikten oder während des gemeinsamen oder einzelnen Spielens. Die Kanyawara-Schimpansen zeigten allerdings noch eine weitere Variante, die die Forscher „Stocktragen“ tauften. Die Tiere trugen dabei Stöcke eine Weile mit sich herum, nahmen sie auch mit in ihre Ruhenester und spielten manchmal mit ihnen in einer Weise, die fast an den Umgang mit einer Puppe oder einem Schimpansenbaby erinnerte.