Wenn Salmonellen vom Immunsystem attackiert werden, produzieren sie spezielle Moleküle, so genannte „kleine RNA“ als Gegenreaktion. Jetzt haben Forscher erstmals entdeckt, dass es auch auf dieser RNA funktionelle Einheiten gibt, die es ihr ermöglichen, gezielte Aufgaben zu übernehmen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) berichten, könnte diese Erkenntnis auch zu neuen Ansätzen für Medikamente führen.
Salmonellen sind Bakterien, die beim Menschen heftigen Durchfall auslösen können. Wenn sie sich im Verdauungstrakt breit machen, bleiben sie nicht unbehelligt: Das Immunsystem greift die Eindringlinge unter anderem mit Peptiden an. Das sind kleine Eiweißkörper, die Löcher in die äußere Hülle der Bakterien reißen. Sobald ihre Hülle beschädigt ist, reagieren die Salmonellen: Unter anderem produzieren sie dann ein kleines RNA-Molekül, deren Kette nur aus ungefähr 100 Bausteinen besteht. Dieses unterbindet dann in der Bakterienzelle schlagartig die Synthese von etwa zehn Proteinen.
Dabei handelt es sich allesamt um Proteine, die für einen Einsatz in der Außenhülle der Bakterien vorgesehen sind. Ein sinnvoller Mechanismus: „Die Salmonellen helfen sich damit ganz schnell. Weil ihre äußere Membran löchrig ist, würden die Proteine dort keinen Halt finden und nicht funktionieren“, erklärt Kai Papenfort vom Institut für Molekulare Infektionsbiologie der Universität Würzburg. Letzten Endes verhindert das kleine RNA-Molekül also eine Verschwendung von Protein-Ressourcen. Wie aber schafft es die kleine RNA, auf einen Schlag die Produktion gleich mehrerer Proteine zu regulieren?
Funktionelle Einheiten auch in kleiner RNA
Diese Frage beantworten die Würzburger Forscher in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift PNAS: „Der Anfangsbereich des sRNA-Moleküls bindet die Transkripte, das ist so eine Art Vorstufe all dieser Proteine“, sagt Institutsleiter Professor Jörg Vogel. „Sobald das geschehen ist, stoppt die Produktion.“ Zum Beweis übertrugen die Forscher den Anfangsbereich auf andere RNA-Moleküle. Auch diese brachten daraufhin die Herstellung der zehn Proteine ins Stocken.
Erstmals haben die Würzburger Forscher damit gezeigt: Auch kleine RNA- Moleküle besitzen klar abgrenzbare Bereiche, denen sich eine regulierende Funktion zuweisen lässt. Bislang war das nur für Proteine bekannt, nicht aber für „einfachere“ Moleküle wie RNA. „Auch RNA besteht aus funktionellen Stücken, die sich nach dem Baukastenprinzip neu anordnen lassen“, so Vogel.
In der Evolution nahezu unverändert
Bei dem regulierenden Bereich handelt es sich zudem um ein Stück RNA, das sich bei der Evolution der Bakterien nicht verändert hat. Das heißt: „Diese RNA gibt es nicht nur bei Salmonellen, sondern auch bei vielen anderen krankheitserregenden Bakterien, und sie übt immer dieselbe Funktion aus“, so Papenfort. Dies deutet darauf hin, dass es sich um einen Faktor handeln könnte, den Bakterien beim Infektionsprozess unbedingt brauchen und der möglicherweise beim Auslösen der Krankheit eine Rolle spielt. Ob das so ist, wollen die Würzburger Forscher als nächstes klären. Am Ende könnte sich der Anfangsbereich der RybB-sRNA als potenzieller Angriffspunkt für neue Medikamente erweisen.
(Universität Würzburg, 12.11.2010 – NPO)