Altersdiabetes galt bisher als eine Krankheit, die bei Vögeln nur äußerst selten auftritt. Doch jetzt hat eine erste Langzeit-Untersuchung an Tauben höheren Alters auch bei diesen Tieren einen erhöhten Blutzuckerspiegel nachgewiesen. Ursache ist vermutlichwie beim Menschen ein zu reichliches Angebot an kohlehydratreicher Nahrung.
Hunde, Affen oder Katzen können Diabetes bekommen, Vögel dagegen erkranken selten an der Zuckerkrankheit. Bisher war nicht bekannt, ob Tauben an Typ-2 Diabetes mellitus erkranken, denn diese Vögel werden selten über einen längeren Zeitraum ihres Lebens beobachtet. Auch Brieftaubenzüchter behalten die Vögel kaum länger als fünf Jahre; dann haben sie den Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit überschritten. Am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität der Universität Frankfurt am Main werden dagegen schon seit 35 Jahren Brieftauben bis in ihr hohes Alter gehalten, da dort Biologen an den schnellen und ausdauernden Fliegern die Orientierung beim Vogelzug untersuchen. Die 19jährige Taube „Opi“ ist vermutlich einer der ältesten in menschlicher Obhut lebenden Vögel.
Biologen um Professor Roland Prinzinger hat nun an diesen Tauben untersucht, wie sich Alterungsprozesse in den Blutwerten niederschlagen. Analysiert wurden dafür über 30 Blutparameter an 76 frei fliegenden Brieftauben (Columba livia) im Alter zwischen einem und 19 Jahren. Die meisten Bestandteile des Plasmas waren relativ altersstabil; Schwankungen erklärten sich durch Anpassung an Umstände wie Jahreszeit, Tageszeit, Ernährung, Wasserversorgung, Massenabhängigkeit, Geschlecht, Hormone.
Blutzuckerspiegel erhöht
Auffällig war lediglich ein altersbedingter Anstieg des Blutzuckers. Im Alter ab sechs Jahren stieg der Blutzucker auch bei den Tauben um etwa zwölf Prozent an. Die Ursache ist vermutlich, wie beim Menschen auch, ein zu reichliches Angebot an kohlehydratreicher Nahrung. Im Laufe des Lebens kann dies zu einer Erschöpfung des Insulin-Regelsystems führen. Vergleicht man den Blutzuckerspiegel verschiedener Vogelarten untereinander, so fällt auf, dass dieser bei den Fliegern am höchsten ist, weil diese Art der Fortbewegung am Energie aufwändigsten ist. Läufer benötigen etwas weniger Energie und am sparsamsten ist der Energiehaushalt der Schwimmer.
Die Blutwerte lassen außerdem Rückschlüsse auf den Trainingszustand der Tauben zu. Dies könnte vor allem für Taubenzüchter von Interesse sein, die ihre Brieftauben optimal ernähren möchten: „Für kurze Flüge ist jedes Gramm Fett für die Taube unnötiger Ballast“, sagt Prinzinger, „aber auf langen Flügen von bis zu 1.000 Kilometern am Tag, braucht sie Energiereserven.“
(Universität Frankfurt am Main, 26.05.2010 – NPO)