Abkühlung gefällig: Eine nach Arizona eingeschleppte Papageienart hat sich auf besondere Weise an die Hitze angepasst: Steigen die Außentemperaturen auf über 34 Grad, setzen sich die Vögel vor die Auslassöffnungen von Gebäude-Klimaanlagen, wie Beobachtungen enthüllen. Sie legen nahe, dass die Papageien gelernt haben, diese menschengemachten Strukturen zu ihrem Vorteil zu nutzen.
Tiere sind natürlicherweise an Hitze angepasst: Sie können sich etwa verstecken, schwitzen oder hecheln. Doch häufiger werdende Hitzewellen und die schleichende Klimaerwärmung bringen viele Tierarten an ihre Grenzen. Wer sich nicht anpassen kann, stirbt. Bereits jetzt leben etwa Fische unter Hitzestress und künftig werden vermutlich zehn Prozent der Säugetiere den Wettlauf mit dem Klimawandel verlieren. Und auch Vögel leiden unter der Erwärmung, weil nicht alle Arten die steigenden Temperaturen tolerieren.
Wenn Vögel auf Klimaanlagen fliegen
In Phönix und einigen anderen Städten des US-Bundesstaats Arizona zeigt eine afrikanische Papageienart der Gattung der Unzertrennlichen (Agapornis) ein auffälliges Verhalten: Die Vögel setzen sich im Sommer oft auf und in die Auslassöffnungen von Klimaanlagen an Gebäudefassaden. Ob sie diese Lüftungsgitter nur zufällig als Sitzplatz nutzen oder ob es sich womöglich um eine Abkühlungsstrategie der Vögel handelt, haben nun Wissenschaftler um Raegan Mills von der Arizona State University untersucht.
Dafür zählten sie ein Jahr lang dreimal wöchentlich zu drei verschiedenen Tageszeiten, wie viele Rotköpfchen (Agapornis roseicollis) sich an der Nordseite eines Universitätsgebäudes in Phoenix aufhielten, an der sich das Auslassgitter einer Klimaanlage befand. Zudem dokumentierten sie für jede Zählung die Außentemperatur und die Luftfeuchtigkeit. Anhand dieser Daten prüfte das Team, unter welchen Klimabedingungen die afrikanischen Papageien am häufigsten an den Lüftungsschächten sitzen.
Ab 34 Grad wird die Abkühlung gesucht
Das Ergebnis: Tatsächlich scheinen sich die Rotköpfchen nicht zufällig in die Lüftungsschächte zu setzen. Insgesamt konnten die Forscher bei rund 50 von etwa 540 Beobachtungen durchschnittlich acht der Vögel auf einmal in den Gebäudeöffnungen beobachten. An manchen Tagen sogar über 40. Dabei hockten die Papageien nur zwischen dem 11. Juni und dem 21. Oktober in den Lüftungsschlitzen, obwohl Rotköpfchen seit 35 Jahren eine dauerhaft in Arizona vorkommende Vogelspezies sind.
Warum, konnten Mills und ihre Kollegen anhand der Wetterdaten erklären: „Die Unzertrennlichen saßen mit größerer Wahrscheinlichkeit in Lüftungsöffnungen, wenn die Außentemperatur hoch war“, erklärten sie. So lag bei allen Beobachtungen, in denen mindestens ein Vogel vor den Klimaanlagen-Auslässen hockte, die Außentemperatur bei mindestens 34 Grad Celsius. Besonders viele Rotköpfchen tummelten sich an den Öffnungen ab 37 Grad und hoher Luftfeuchte.
An Menschenstrukturen angepasst
Dieses Anpassungsverhalten der Rotköpfchen scheint sich entwickelt zu haben, weil der bevorzugte Temperaturbereich dieser Spezies bis etwa 35 Grad reicht, die Temperaturtoleranz reicht etwa bis 40 Grad, so Mills und ihr Team. Auch in ihrer Heimat in Afrika konnte bereits beobachtet werden, dass sich diese Kleinpapageien bei Hitze in kühle Felsspalten oder Höhlen anderer Vögel setzten und dort nisteten.
Abkühlungsstrategien, bei denen Tiere menschliche Bauten nutzten, wurden bislang erst sehr selten beobachtet. Für die nach Arizona eingeschleppten Rotköpfchen könnte dieses Verhalten aber überlebenswichtig sein. „Die Verbreitung der eingeführten Rotköpfchen deutet darauf hin, dass sie auf vom Menschen bereitgestellte Ressourcen angewiesen sind, um diese neue Umgebung zu besiedeln und sich dort zu halten“, resümieren die Wissenschaftler.
Zukünftig müsste noch getestet werden, ob die Vögel auch tatsächlich eher geöffnete als geschlossene Lüftungsöffnungen anfliegen und wie genau der Luftstrom die Tiere kühlt. Aber schon jetzt wurde deutlich, wie entscheidend die Anpassungsfähigkeit an die Klimaerwärmung für das Überleben aller Tiere ist. (Biology Letters, 2021, doi: 10.1098/rsbl.2020.0813)
Quelle: Royal Society