Biotechnologie

Wiedererweckung des Tasmanischen Tigers rückt näher

De-Extinction-Projekt rekonstruiert DNA des ausgestorbenen Beutel-Raubtiers zu 99,9 Prozent

Tasmanischer Tiger
Forschenden ist erstmals eine 99,9 Prozent präzise Rekonstruktion der DNA eines Tasmanischen Tigers gelungen – ein wichtiger Schritt zur Wiedererweckung dieses ausgestorbenen Beutel-Raubtiers. © NSA Digital Archive, Badhramani/ Getty images

De-Extinction-Durchbruch: Einem Forschungsteam sind entscheidende Schritte zur Wiedererweckung des vor fast 100 Jahren ausgestorbenen Tasmanischen Tigers gelungen. Sie haben erstmals die DNA dieses auch als Beutelwolf bekannten Raubtiers zu 99,9 Prozent präzise rekonstruiert. Außerdem gelang es bereits, Teile seines Genoms in die Stammzellen einer Beutelmaus einzuschleusen – sie sollen das Zellgerüst für die Neuzüchtung dieses einstigen Top-Prädators Australiens liefern.

Einst war der Tasmanische Tiger (Thylacinus cynocephalus), auch Beutelwolf genannt, das größte Raubtier des australischen Kontinents. Doch die Jagd durch den Menschen machte ihm den Garaus. Der letzte Vertreter seiner Art starb 1936 in einem australischen Zoo, seither gibt es nur noch einige tote, präparierte Exemplare. Doch schon seit einigen Jahren arbeiten Forschende daran, den einstigen Top-Prädator Australiens wieder zum Leben zu erwecken – mithilfe von gentechnischen Methoden.

Beutelwolf-Jungtier
Jungtier des Tasmanischen Tigers im Jahr 1928 im Zoo von Hobart in Australien. Dort starb 1936 auch der letzte Vertreter dieser Art. © Benjamin A. Sheppard/ historisch

In Vorbereitung auf diese „De-Extinction“ haben Forschende bereits erste DNA-Fragmente aus Präparaten des Tasmanischen Tigers extrahiert und sie in die Zellen einer Beutelmaus eingeschleust. Allerdings blieb Thylacinus-Erbgut noch stark lückenhaft. Im Jahr 2023 gelang einem Team ein weiterer wichtiger Durchbruch: Zum ersten Mal überhaupt gelang es ihnen, auch die RNA des Beutelwolfs zu sequenzieren – sie liefert wichtige Inforationen über die Genregulation in den verschiedenen Geweben des Tieres.

99,9 Prozent der Beutelwolf-DNA

Jetzt ist ein weiterer Schritt zur „Auferstehung“ des Tasman-Tigers gelungen: Ein Team um Andrew Pask von der University of Melbourne und dem De-Extinction-Unternehmen „Colossal Biosciences“ hat erstmals das Erbgut von Thylacinus nahezu vollständig und mit hoher Präzision rekonstruiert. Das Material dafür stammte aus einem vor 108 Jahren gestorbenen und präparierten Exemplar aus dem Naturkundemuseum Melbourne.

Die rekonstruierte DNA des Beutelwolfs ist zu 99,9 Prozent genau, wie Pask und sein Team aufgrund ihrer Analysen schätzen. Das rekonstruierte Genom sei zudem das vollständigste und lückenloseste, das bisher von einem ausgestorbenen Tier erstellt wurde. Das Unternehmen Colossal arbeitet parallel auch daran, Mammuts mithilfe von Geneditierung und Klontechniken wieder zum Leben zu erwecken. Dafür soll Mammut-DNA in Elefanten-Stammzellen eingeschleust werden.

Beutelmaus-Stammzellen
Kultur von induzierten Stammzellen aus der Haut der Beutelmaus. Sie sollen als Empfänger für die Beutelwolf-DNA dienen. © TIGRR Lab/ Colossal

Beutelmaus-Stammzellen als Empfänger

Beim Tasmanischen Tiger sind Pask und sein Team schon einen Schritt weiter: Sie haben bereits pluripotente Stammzellen der Schmalfuß-Beutelmaus (Sminthopsis crassicaudata) erzeugt, die zur selben Familie wie der ausgestorbene Beutelwolf gehört. Diese induzierten Stammzellen sollen als Hülle und genetisches „Gerüst“ für das Erbgut von Thylacinus dienen. Dem Team gelang es nun, mehr als 300 genetische Merker in die Zellen solcher Beutelmaus-Stammzellen einzuschleusen – so viele wie noch bei keiner anderen Tierzelle zuvor.

„Das sind Meilensteine für das De-Extinction-Projekt des Tasmanischen Tigers“, sagt Pask. Als nächste Schritte planen sein Team und Colossal, das komplette Erbgut des Beutelwolfs in solche Beutelmaus-Stammzellen zu integrieren. Die DNA-haltigen Kerne dieser Trägerzellen werden dann – wie bei Klonverfahren gängig – in die entkernten Eizellen der Beutelmaus übertragen. Diese sollen zunächst in einer künstlichen Gebärmutter ihr Wachstum beginnen und dann in eine „Leihmutter“ übertragen werden, die die Embryos austrägt.

Embryo-Wachstum im künstlichen Uterus

Das Team um Pask hat auch schon Verfahren optimiert, mit denen sie die Eizellreifung bei der Beutelmaus anregen können. Parallel dazu gelang es, Embryos dieser Beutelwolf-Verwandten bis zur Hälfte der Reifungszeit in einem künstlichen Uterus zu kultivieren, wie die Forschenden berichten. „Diese Technologien können in Zukunft auch dabei helfen, die Zucht von bedrohten Arten in Gefangenschaft zu verbessern“, erklärt Pask. Ein Beispiel seien die durch einen ansteckenden Krebs gefährdeten Tasmanischen Teufel, die man durch solche Erhaltungszuchten zu retten versucht.

Quelle: University of Melbourne, Colossal Biosciences

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