Mikrobiologie

Autos: Größere Keimschleudern als die Toilette

Bakterien sind überall – vor allem da wo wir sie nicht vermuten

Auto
Das Auto sieht meist sauberer aus als es eigentlich ist. © vadimguzhva / Getty images

Unsichtbare Kontamination: Wenn es um potenzielle Keimschleudern geht, gelten vor allem Türklinken und Toiletten als besonders dicht von Erregern besiedelt. Doch einer neuen Studie zur Folge sind unsere Autos sogar noch stärker mit Bakterien kontaminiert als unsere Toiletten. Die höchsten Belastungen fanden sich dabei nicht auf dem Lenkrad, sondern wurden im Kofferraum und auf dem Fahrersitz entdeckt.

Bakterien finden sich immer wieder an Orten, wo wir sie nicht erwarten: Forschende haben schon vor einigen Jahren gezeigt, dass sich Kolonien von Legionellen in den Tanks des Scheibenwischwassers von Autos ausgebreitet haben. Der bakterielle Sprühregen geht aber zum Glück nur nieder, wenn wir im Auto sitzen und stellt keine sonderlich große Bedrohung dar. Doch innerhalb des Autos kann das ganz anders aussehen:

Autos haben Bakterien-Hotspots

Ein Forschungsteam um Jonathan Cox von der Aston University in Birmingham hat sich nun das Innere unserer Autos genauer angesehen. Um der mikrobiellen Welt unserer Autos auf die Schliche zu kommen, haben die Forschenden Proben von der Inneneinrichtung von fünf Autos genommen, die jeweils ein unterschiedliches Alter aufwiesen. Sie untersuchten die Hauptberührungspunkte von uns Menschen wie das Lenkrad, das Armaturenbrett, den Schalthebel, Vorder- und Rücksitze sowie den Kofferraum.

Das Ergebnis: Allein auf dem Lenkrad der Autos identifizierten die Forschenden im Schnitt 146 verschiedene Bakterienarten – rund viermal mehr Bakterien als auf einem Toilettensitz. Noch deutlich mehr Keime fanden sich am Schalthebel mit im Schnitt 407 Bakterien und auf dem Armaturenbrett mit 317 Arten. Die meisten Bakterien siedelten jedoch auf dem Fahrersitz und im Kofferraum. Auf dem Fahrersitz entdeckten die Forschenden 649 verschiedene Bakterien und im Kofferraum siedelten sogar 1.425 unterschiedliche Bakterienarten.

Je älter, desto mehr Bakterien

Die Forschungsgruppe entdeckte außerdem eine Korrelation zwischen der Bakterienmenge und dem Alter der Autos: Die älteren Autos in der Studie trugen meist eine größere Bakterienbelastung mit sich herum, als die Autos die erst seit kürzerer Zeit auf der Straße unterwegs sind.

„Daher können wir annehmen, dass ein Auto immer dreckiger wird, je länger wir es besitzen, unabhängig davon wie oft wir es waschen. Das ergibt Sinn, denn je mehr wir unser Auto benutzen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir Bakterien von verschiedenen Quellen anschleppen“, erklärt Cox.

Auch „böse“ Bakterien in Autos gefunden

Neben vielen harmlosen Mikroben identifizierten die Forschenden im Auto auch einige Bakterienarten, die für den Menschen gefährlich werden können. Im Kofferraum fand sich eine große Anzahl von Escherichia coli, also von fäkalen Darmbakterien. Zwar ist dieses Bakterium im Darm meist ein harmloser Bewohner, es kann aber außerhalb des Darmtrakts, beispielweise in Wunden, schwere Infektionen verursachen.

Auch Bakterien der Gattung Pseudomonas siedeln auf der Inneneinrichtung unserer Autos. Vor allem bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem können sie schwere Infektionen bis hin zur tödlichen Sepsis verursachen. Hinzu kommt, dass viele dieser Krankheitserreger bereits Resistenzen gegen Antibiotika entwickelt haben.

Das gleiche gilt für einen weiteren Keim, den die Wissenschaftler als gängigen Besiedler unserer Autos identifiziert haben: Staphylococcus aureus ist eine Bakterienart, von der manche Stämme bereits Resistenzen gegen mehrere Klassen gängiger Antibiotika entwickelt haben. Dieser Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) zählt zu den gefürchteten Krankenhauskeimen.

Weniger sauber als man denkt

Diese Ergebnisse zeigen laut der Forscher, dass wir die Sauberkeit unserer Autos meist überschätzen. Schließlich stellen wir unser Essen nach dem Einkaufen in den Kofferraum oder wir essen einfach während der Fahrt, ohne darüber nachzudenken, wie hygienisch das eigentlich ist. Wir fahren regelmäßig in die Waschanlage und sorgen dafür, dass die Autos von außen glänzen. Außer Rostvorbeugung bringt das aber für die Hygiene nicht viel, wenn wir dabei das Innere der Autos vernachlässigen.

„Oft waschen wir unsere Autos, bis sie sauber aussehen, aber nicht, bis sie wirklich sauber sind. Aber man würde ja nie darüber nachdenken, auf der Toilette zu essen“, kommentiert Cox unser bisheriges Verständnis von Hygiene im Auto. Doch die Ergebnisse des Forschungsteams werden vielleicht bei einigen zu einem Umdenken führen.

Quelle: Aston University, Scrap Car Comparison

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