Blumen schließen ihre Blüten und manche Pflanzen verändern nachts die Stellung ihrer Blätter – doch über das Schlafverhalten von ausgewachsenen Bäumen war bisher kaum etwas bekannt. Diese Wissenslücke haben Forscher nun geschlossen: Sie haben die Tag-Nacht-Veränderungen von Birken mittels Laserscannern erfasst. Es zeigte sich: Schlafende Bäume lassen sich nachts hängen.
Die meisten Lebewesen passen ihr Verhalten an den Tag-Nacht-Rhythmus an – das gilt auch für Pflanzen. Die Untersuchung des „grünen Schlafs“ hat bereits eine lange Tradition: Schon der Naturforscher Carl von Linné beobachtete, dass sich Blumen sogar in einem dunklen Keller dem Tag-Nacht-Rhythmus folgend öffnen und schließen.
Charles Darwin stellte dann fest, dass Pflanzen über Nacht ihre Blätter und Stängel hängen lassen und bezeichnete diese Veränderung als „Schlaf“. Doch bis heute wurden derartige Beobachtungen nur an kleinen, in Töpfen gezogenen Pflanzen gemacht – niemand wusste, welches Schlafverhalten große Bäume zeigen. Forscher um Eetu Puttonen vom Finnish Geospatial Research Institute haben dies nun untersucht.
Schlafende Birken im Blick von Laserscannern
Um dieser Frage nachzugehen, nutzen er und seine Kollegen Laser-Scanner-Technik. Im Gegensatz zu Licht-Aufnahmen stören Laserscans die Pflanze nur minimal, erklären sie. Ihre Scanner verwenden Infrarotlicht, das von den Blättern reflektiert wurde. Einzelne Punkte auf der Pflanze wurden dabei nur für Sekundenbruchteile angestrahlt.
Mit dieser Laserscan-Technik kann ein voll ausgewachsener Baum innerhalb von Minuten abgebildet werden, mit einer Auflösung von weniger als einem Zentimeter. Auf diese Weise entwickelten die Forscher Zeitserien-Aufnahmen ihrer botanischen Probanden. Einer der Test-Bäume wurde in Finnland beobachtet, der andere in Österreich. Beide Versuche fanden nahe an der Tag-Nacht-Gleiche statt, unter ruhigen Wetterbedingungen, ohne Wind und Tau.
Bäume sinken nachts zusammen
„Unsere Resultate zeigen, dass der ganze Baum in der Nacht zusammensinkt, was man als Positionsänderung der Blätter und Äste messen kann“, berichtet Puttonen. Die Blätter und Zweige sinken dabei kontinuierlich nach unten und erreichen ihre tiefste Position einige Stunden vor Sonnenaufgang.
Die Positionsänderungen betragen dabei bis zu 10 Zentimeter. Am Morgen kehren Blätter und Zweige dann wieder zu ihrer ursprünglichen Position zurück. Ob sie dabei von der Sonne „aufgeweckt“ werden oder durch ihre eigene innere Uhr, ist nun noch eine offene Frage.
Als Nächstes: schlafende Wälder und Gärten
Die Forscher sehen in ihrer Methode nun großes Potenzial: „Wir glauben, dass die Punktwolken aus den Laserscans uns ein tieferes Verständnis vom Schlafmuster der Pflanzen ermöglichen. Wir können damit unsere Messungen von einzelnen Pflanzen zu größeren Bereichen, zu ganzen Gärten oder Wäldern, ausweiten“, sagt Co-Autor Norbert Pfeifer von der Technischen Universität Wien.
Puttonen ergänzt: „In einem nächsten Schritt werden wir wiederholt Punktwolken von Bäumen sammeln und die Ergebnisse mit Messungen über den Wasserhaushalt der Bäume in Verbindung setzen. Das wird uns ermöglichen, den täglichen Wasserverbrauch der Bäume und ihren Einfluss auf das lokale oder regionale Klima besser zu verstehen.“ (Frontiers in Plant Science, 2016; doi: 10.3389/fpls.2016.00222)
(Technische Universität Wien, 18.05.2016 – DAL)