Wenig hygienisch: Trotz aller Desinfektion gedeihen Bakterien in Fleischverarbeitungsbetrieben fast überall, wie eine Studie belegt. Neben normalen Bakterien fanden die Forscher auch zehn Biofilm-Hotspots – Ansiedlungen hartnäckiger, durch eine Schleimschicht geschützter Mikroben. Fünf dieser Biofilme siedelten auf Schneidmaschinen und anderen direkt mit dem Fleisch in Kontakt kommenden Geräten, aber auch das Innere von Wasserschläuchen war kontaminiert.
Biofilme kommen auf medizinischen Geräten, im Innern von Wasserleitungen aber auch auf unseren Zähnen vor. Mit dieser zähen Schleimmatrix schützen sich Bakterien vor Umwelteinflüssen und können selbst Antibiotika und Desinfektionsmitteln widerstehen. Das macht solche Biofilme überall dort zum Problem, wo Keimfreiheit gefordert ist – vom OP bis zur Lebensmittelproduktion. Ein Bereich, der seit dem Corona-Ausbruch bei Tönnies unrühmlich in den Fokus gerückt ist, ist die Fleischverarbeitung.
Zehn Hotspots der Biofilme
Doch wie stark sind Biofilme in Fleischfabriken verbreitet und wo? Um das herauszufinden, haben Eva Wagner vom österreichischen Kompetenzzentrum für Feed and Food Quality, Safety and Innovation (FFoQSI) und ihre Kollegen einen fleischverarbeitenden Betrieb in Österreich umfassend beprobt. Sie entnahmen 108 Proben von verschiedenen Stellen in elf Räumen – ein Teil im laufenden Betrieb, den anderen nach der Desinfektion.
Das Ergebnis: In 93 Proben waren Bakterien nachweisbar, an zehn Stellen bildeten die Mikroben hartnäckige Biofilme. In diesen Ansammlungen erreichte die Mikrobendichte relativ hohe Werte von 3,5 bis 8,4 koloniebildende Einheiten, wie die Wissenschaftler berichten. Fünf Biofilm-Hotspots fanden sich auf Lebensmittelkontakt-Flächen wie Schneidemaschinen und Zubehör. In zwei Fällen wiesen die Forscher die bakteriellen Biofilme im Inneren von Wasserschläuchen nach.
Das Problem: „Wasserschläuche werden häufig verwendet, um gereinigte und desinfizierte Oberflächen von Desinfektionsmittelrückständen zu befreien“, erklärt Wagner. „Befindet sich nun ein Biofilm im Wasserschlauch, so können frisch gereinigte Stellen – darunter auch Lebensmittelkontaktflächen – erneut kontaminiert werden.“
Verderbnis-Erreger nachgewiesen
Die Bestimmung der Bakterienarten ergab, dass jeder Biofilm von vier bis zwölf verschiedenen Spezies besiedelt war. Unter diesen wiesen Wagner und ihr Team bekannte Fleischverderbnis-Erreger wie Brochothrix und Psychrobacter nach. „Die Kontamination mit Brochothrix thermosphacta, das auch salzige und saure Bedingungen überleben kann und sich selbst bei Kühlschranktemperaturen vermehrt, kann zum Verderben der Fleischprodukte führen“, erklären die Forscher.
Krankheitserreger wie Salmonellen oder Listerien konnte das Team nicht nachweisen. Allerdings betonen sie, dass der Nachweis dieser Lebensmittelkeime spezielle Anzuchtmethoden erfordert, die für diese Studie nicht durchgeführt wurden. „Von Listeria monocytogenes ist aber bekannt, dass es sich in Multispezies-Biofilmen etablieren kann und beispielsweise in Abflüssen häufig vorkommt“, so Wagner und ihre Kollegen.
„Nische für krankmachende Keime“
Nach Ansicht der Wissenschaftler demonstrieren ihre Ergebnisse, dass bakterielle Biofilme in Fleischfabriken sowohl im laufenden Betrieb als auch nach der Desinfektion häufig vorkommen. „Jeder Biofilm repräsentiert eine potenzielle Kontaminationsquelle für das Fleisch und eine Nische für krankmachende Keime“, konstatieren sie. Hier müsse daher mehr getan werden, um solche Bakterien-Ansiedlungen zu verhindern.
„Weitere Forschung sind hinsichtlich der Verhinderung, der raschen Detektion und der Bekämpfung von Biofilmen im Lebensmittelbereich nötig“, betont Koautorin Kathrin Kober-Rychli von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. „Bis dahin ist und bleibt die regelmäßige und gründliche mechanische Reinigung die wichtigste Maßnahme in der Vorbeugung von Biofilmen.“ (International Journal of Food Microbiology, 2020; doi: 10.1016/j.ijfoodmicro.2020.108668)
Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien