Das Bakteriengift Botulinumtoxin – bekannt als Botox – hilft nicht nur gegen Falten, sondern kann in höherer Dosierung bei Menschen mit chronischer Migräne auch eine effektive Vorbeugung darstellen. Diese Hoffnung nähren zumindest gleich zwei neue Studien in der Fachzeitschrift „Cephalalgia“. Beide zeigen, dass sowohl die monatlichen Tage mit Migräne als auch der Medikamenten-Übergebrauch durch Injektion von Botulinumtoxin in die Kopf- und Nackenmuskulatur signifikant reduziert werden konnte.
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„Chronische, täglich auftretende Migräne ist sehr selten, doch gerade für Patienten mit chronischer Migräne – denen häufig nicht gut geholfen werden kann – kann Botolinumtoxin eine neue Chance auf Verbesserung eröffnen“, sagt Professor Arne May, Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). „Die Behandlung mit Botolinumtoxin hilft nicht bei normaler Migräne und Spannungskopfschmerz, sondern nur bei den täglich oder fast täglich auftretenden chronischen Formen.“
Zulassung in Kürze erwartet
Warum Botulinumtoxin gerade bei den chronischen Formen so effektiv ist, ist bisher allerdings unbekannt. Die Behandlung ist spezialisierten Praxen oder Zentren vorbehalten. Richtig angewandt sind die möglichen Nebenwirkungen nach Angaben der Forscher erfreulicherweise sehr gering. In Großbritannien ist die Zulassung der Behandlung mit dem Bakteriengift bei chronischer Migräne im Juli 2010 erfolgt. Für Deutschland wird diese in Kürze erwartet.
Bei den Studien wurden rund 1.380 Erwachsene untersucht und behandelt. Sie erhielten jeweils 31 Injektionen mit Botulinumtoxin oder mit einem Placebo in sieben verschiedene Muskeln. Innerhalb des Untersuchungszeitraums gab es zwei derartige Zyklen. Ergebnis: nach 24 Wochen gaben rund 47 Prozent der Patienten in der Botulinumtoxin-Gruppe an mindestens 50 Prozent weniger Kopfschmerztage gehabt zu haben. In der Placebo-Gruppe waren es dagegen nur rund 35 Prozent.
Chronische Kopfschmerzen nur schwer behandelbar
Bei mehr als 200 Kopfschmerzarten sind es gerade die chronischen Kopfschmerzen, die Ärzten Kopfzerbrechen bereiten, denn sie gehören zu den am schlechtesten behandelbaren Schmerzen überhaupt.
Eine Sonderform, der medikamentöse Dauerkopfschmerz, ist zwar in der Bevölkerung mit knapp zwei Prozent nicht so häufig, macht aber in den Kopfschmerzspezialzentren bis zu zehn Prozent aller Patienten aus. Der Grund liegt darin, dass die Behandlung sehr schwer ist und die Patienten häufig von Arzt zu Arzt laufen.
Zugrunde liegt nach Angaben der DMKG meist eine Migräne oder ein Spannungskopfschmerz, gegen den die Betroffenen erst selten, dann häufiger und später regelmäßig Kopfschmerzmittel einnehmen.
(idw – Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, 23.08.2010 – DLO)