Taxi im Untergrund: Wenn Bakterien befallende Viren im Boden nach neuen Wirten suchen, verlassen sie sich nicht auf Wasser als Verbreitungshilfe. Stattdessen nutzen die Bakteriophagen Bakterien und Pilzhyphen als Transporteure durch den Untergrund, wie eine Studie enthüllt. Demnach reisen die Phagen per „Anhalter“ auf den nicht zu ihren Wirten zählenden Mikroben mit, um neue Lebensräume und Wirte zu erreichen. Für die Transport-Bakterien hat dieser Shuttle-Service ebenfalls Vorteile.
Bakteriophagen nutzen – anders als andere Viren, die Tiere oder Pflanzen befallen – Bakterien als Wirte und kapern deren Zellmaschinerie. Mit ihren beinartigen Fortsätzen docken die Phagen an das Bakterium an und injizieren ihr Erbgut in die Wirtszelle. Gelingt dies, wird das Bakterium so umprogrammiert, dass es neue Viren produziert. Solche auf Bakterien spezialisierte Viren kommen in fast allen Lebensräumen vor – vom Ozean über den Boden bis in unseren eigenen Körper.
Phagen auf der Suche nach neuen Wirten
Doch wie schaffen es die Phagen, neue Lebensräume zu besiedeln und so neue Wirtsbakterien zu finden? Denn nicht jedes Bakterium ist als Wirt für die Phagen geeignet. Gemäß einem Schlüssel-Schloss-Prinzip können die Viren jeweils nur in bestimmte Wirtsbakterien ihr Erbgut einschleusen. Im Wasser und in feuchtem Boden gelingt den Viren die Fortbewegung passiv mit dem Wasserstrom. Ob und wie der Transport im trockenen Boden stattfindet, war jedoch bisher unklar.
Ein Forschungsteam um den Umweltmikrobiologen Xin You vom Helmholtz-Institut für Umweltforschung in Leipzig hat deshalb untersucht, welche Rolle ein von vielen Bakterien genutztes Transportsystem im Boden dafür spielen könnte. Schon zuvor hatten sie herausgefunden, dass Bodenbakterien schleimüberzogene Pilzhyphen nutzen, um sich auf ihnen fortzubewegen und so zu neuen Nahrungsquellen zu gelangen.