Invasor aus dem Süden: Seit kurzem kommt die italienische Barrenringelnatter auch in Bayern vor. Diese ursprünglich nur in südlichen Gefilden heimische Schlangenart hat demnach die eigentlich als natürliche Barriere geltenden Alpen erfolgreich überquert, wie Untersuchungen belegen. Aufgehalten wurden diese schlängelnden Einwanderer erst, als sie in Südbayern auf die verwandte Ringelnatter stießen. Dort findet sich heute eine Zone mit Hybriden der beiden Arten.
Immer mehr Tierarten gelangen heute in Regionen, in denen sie ursprünglich nicht heimisch sind. So siedelten sich beispielsweise die aus Südostasien stammenden Burmesischen Pythons in Florida an und der Asiatische Marienkäfer kam von Japan und China aus nach Europa. Und auch die Italienische Barrenringelnatter (Natrix helvetica sicula) kommt seit kurzem nicht nur in Italien und den Südalpen, sondern auch in Südbayern vor – trotz der als natürliche Barriere geltenden Alpen.
Woher kommt die Natter?
Wie konnte die Schlange nach Deutschland kommen? Dieser Frage ist nun ein Forscherteam um Marika Asztalos von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden auf den Grund gegangen. „Wir wollten wissen wie die Schlangen nach Bayern kamen, wie weit sie verbreitet sind und ob sie sich dort mit den anderen Ringelnattern vermischen“, erklärt Asztalos.
Anhand von rund 1000 genetischen Proben von Ringelnattern aus Mitteleuropa, von denen etwa 200 aus Bayern stammten, prüften die Wissenschaftler, welche Vertreter dieser Schlangengattung in Südbayern vorkommen. Daraus leiteten sie dann die Verbreitung und Mischung der in Bayern heimischen Ringelnatternart (Natrix natrix) und der italienischen Barrenringelnatter ab.
Von heimischer Schlange aufgehalten
Es zeigte sich: Die italienische Barrenringelnatter kommt tatsächlich im Süden Bayerns vor und scheint damit die Alpen überquert zu haben. „Unsere Studie zeigt, dass sich die Italienische Barrenringelnatter in der Nach-Eiszeit über Alpenpässe nach Tirol und Bayern ausgebreitet hat“, erläutert Asztalos Kollege Uwe Fritz. Dabei begrenzt sich das Ausbreitungsgebiet der ortsfremden Schlange laut des Forscherteams bisher aber nur auf die Flusstäler von Inn, Isar und Loisach.
An den Stellen, an denen sich die von den Einwanderern besiedelten Flüsse aus den Alpentälern in die Ebene ergießen, endet ihr Verbreitungsgebiet hingegen ziemlich abrupt, so Asztalos und ihr Team. Wenige Kilometer weiter nördlich entdeckten die Forscher nur noch die heimische Ringelnatter. Demnach konnten offenbar zwar die Alpen die Ausbreitung der Ringelnatter nicht aufhalten, die starke Präsenz der weiter nördlich lebenden Ringelnattern dagegen schon, folgern die Wissenschaftler.
Hybridbildung in Bayern
Interessant dabei: Von den rund 200 Proben aus Bayern konnten die Forscher 90 Tiere der Italienischen Barrenringelnatter zuordnen. Die meisten davon waren aber Hybride zwischen den Einwanderern und der heimischen Ringelnatter. „Ähnliche Hybridisierungsvorgänge sind uns schon aus dem Rheingebiet bekannt, in Südbayern beschränken diese sich aber auf eine wenige Kilometer schmale Hybridzone, in der auch jeweils die Elternarten leben“, erklärt Asztalos.
Eine bereits länger in Westdeutschland bekannte Unterart der invasiven Natter, die westliche Barrenringelnatter (Natrix helvetica helvetica), ist dagegen über einen anderen Weg nach Deutschland gekommen. „In Westdeutschland kommt eine weitere Unterart der Barrenringelnatter im Rheingebiet vor, die eine andere Route genommen hatte“, erklärt Fritz. „Sie ist aus Frankreich nach Mitteleuropa eingewandert.“
Auch von dieser westlichen Barrenringelnatter entdeckten Asztalos und ihre Kollegen erstmals Spuren in Bayern, vor allem in der Bodenseeregion und in Unterfranken. Jedoch handelte es sich dabei ausschließlich um Mischlinge der westlichen Barrenringelnatter und der heimischen Natternspezies in Bayern.
Invasoren rücken vor
Die Hybride der beiden ortsfremden Ringelnatternarten und der heimischen Spezies könnten laut der Wissenschaftler aber ein Hinweis darauf sein, dass bei künftigen Forschungen auch reine Populationen der Einwanderer im westlichen Bayern zu finden sein könnten. (Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research, 2021, doi: 10.1111/jzs.12471)
Quelle: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung