Eine Hummel auf dem Vormarsch: Die Baumhummel vermehrt sich in Großbritannien derzeit prächtig, ganz im Gegensatz zu anderen Hummelarten. Ihr Erfolgsrezept: Anders als ihre Verwandten bevorzugt die Baumhummel Städte als Lebensraum, schreibt ein Forscherteam im Magazin „PLOS ONE“. Derart angepasst an ein Leben in nächster Umgebung des Menschen hat sich das Insekt in wenigen Jahren auf der ganzen Insel verbreitet.
Es ist eine beeindruckende Erfolgsgeschichte: Das erste Mal trat die Baumhummel (Bombus hypnorum) in Großbritannien erst im Jahr 2001 auf, ganz im Süden des Landes. Experten vermuten, dass sie von Frankreich aus über den Ärmelkanal den Weg auf die Insel fand. Seitdem hat sich die Art dort enorm schnell verbreitet, und widersetzt sich damit einem weltweiten Negativtrend: Hummeln, Honigbienen und andere bestäubende Insekten leiden auf der ganzen Welt unter veränderten Lebensräumen und dem massiven Einsatz von Pestiziden, ihre Bestände schwinden daher stetig – Großbritannien bildet da keine Ausnahme. Was also ist das Geheimnis der erst seit einem Jahrzehnt in England, Wales und Schottland beheimateten Baumhummel?
Spezialisiert auf Städte
Um das herauszufinden, hat ein Biologenteam um Liam Crowther von der University of East Anglia in einem einige Kilometer umfassenden Areal in der Grafschaft Norfolk über einen Zeitraum von drei Monaten eine Art Hummelzählung durchgeführt. Die Landschaft dieses Gebiets ist mit seiner Agrarwirtschaft und Stadtstruktur typisch für ganz Südengland und deshalb gut für eine Stichprobe geeignet. Die Forscher wollten wissen: Welche Stellen fliegen die verschiedenen Hummelarten bevorzugt an – städtische oder ländliche Gebiete, bewirtschaftete oder natürlich belassene? Und welche Blüten bevorzugen die Bestäuber?
Auf diese Weise offenbarte sich schließlich das Erfolgsrezept der Baumhummel: Sie hat sich auf das Leben in der Stadt spezialisiert. Im Vergleich zu den fünf weiteren Hummelarten, die die Wissenschaftler untersuchten, hielt sich die Baumhummel deutlich häufiger in bebauten Gebieten auf. Außerdem bevorzugte sie andere Pflanzen als ihre Verwandten. So zeigte sie zum Beispiel im Vergleich zu den anderen Hummeln eine höhere Vorliebe für Hagedorn und Schlehe.
Vom Menschen gestaltete Nistplätze
Damit hat sich die Baumhummel auf eine bisher kaum besetzte ökologische Nische spezialisiert und muss so nicht mit den schon länger in Großbritannien ansässigen anderen Hummelarten konkurrieren: „Die Baumhummel nutzt intensiv die Ressourcen, die städtische Räume bieten und die andere Hummeln nicht in diesem Ausmaß beanspruchen“, schreiben Crowther und seine Kollegen. In der Stadt findet die Baumhummel ideale Lebensbedingungen vor: Gärten und Parks bieten ihr ein vielfältiges Nahrungsangebot. Das allein ist jedoch noch kein entscheidender Vorteil – andere Hummelarten könnten dieses Futter ebenfalls nutzen.
Besonders attraktiv ist die Stadt für die Baumhummel, weil sie dort vielfältige Nistmöglichkeiten findet. Ihre Nester baut diese Hummelart nämlich oberirdisch – ein unter den britischen Hummelarten kaum verbreitetes Verhalten. Diese Nester platziert sie in hohlen Bäumen oder anderen oberirdischen Aushöhlungen. Nistkästen, die der Mensch für Vögel anbringt, Mauer- und Felsspalten, aber auch Nischen auf Dachböden mit Isolierwolle sind ihre bevorzugten Standorte. Und die findet die Baumhummel nur in von Menschen gestalteten Lebensräumen.
(PLOS ONE, 2014; doi: 10.1371/journal.pone.0107568)
(Crowther et al., PLOS ONE, 29.09.2014 – DAL)