Klima

Baumrinde als Methanschlucker

Mikroben am Stamm absorbieren große Mengen des potenten Treibhausgases

Laubwald
Wälder bergen ein noch größeres Potenzial zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen als gedacht. © Alexandrum79 / iStock

Angenehme Überraschung: Bäume entfernen über ihre Blätter nicht nur CO2 aus der Atmosphäre, sondern absorbieren über ihre Rinde auch das potente Treibhausgas Methan. Möglich machen dies mikrobielle Helfer in der Rinde und im Holz der Waldbäume, wie eine Studie enthüllt. Damit haben Wälder eine doppelte Wirkung als Treibhausgas-Senken und sind für den Klimaschutz noch wichtiger als bisher gedacht. Diese Erkenntnis kann nun in Klimamodelle und Aufforstungsmaßnahmen einfließen, wie das Forschungsteam in „Nature“ berichtet.

Methan (CH4) gehört neben Kohlenstoffdioxid zu den Treibhausgasen mit dem stärksten Anteil an der Erderwärmung. Das Treibhauspotenzial dieses Gases ist fast 30-mal höher als bei CO2. Statt die Methan-Emissionen zu senken, produziert die Menschheit jedoch derzeit so viel Methan wie nie zuvor, vor allem über die Landwirtschaft. Hinzu kommen natürliche Methanquellen wie Moore und tauende Gletscher, Meereis oder Permafrostböden.

Zwar gibt es chemische Prozesse, die Methan in der Atmosphäre abbauen, diese reichen jedoch nicht aus, um die Emissionen auszugleichen. Weitere natürliche Gegenspieler sind Bodenbakterien und andere im Boden lebende Mikroben, die Methan aus der Atmosphäre entnehmen und im Boden fixieren oder es in CO2 umwandeln. Böden galten daher bislang als die vielversprechendste Methansenke auf unserem Planeten.

Wälder im Fokus

Ein Forschungsteam um Vincent Gauci von der University of Birmingham hat nun erstmals untersucht, ob auch Bäume als Methanfänger infrage kommen. Dafür ermittelten und analysierten die Umweltwissenschaftler das Methanspeichervermögen von Wäldern in verschiedenen Klimazonen: der Bäume in den tropischen Regenwäldern des Amazonas und in Panama, der Laubbäume in Wäldern in Südengland und in den borealen Nadelwäldern Südschwedens.

Mit speziellen Luftkammern und Gas-Analysen untersuchten Gauci und seine Kollegen, wie viel Methan die Rinde in den unterschiedlichen Baumhöhen jeweils aufnahm oder abgab. Mithilfe von Laserscannern und Kartierungsdaten bestimmten sie zudem, wie groß die weltweit durch Baumrinde bedeckte Oberfläche in Wäldern ist.

Auf die Höhe kommt es an

Dabei zeigte sich, dass in der Rinde und im Holz der Bäume zahlreiche Mikroben leben, die Methan aus der Atmosphäre aufnehmen können. Am meisten Methan speicherten dadurch die Bäume in den Regenwäldern. Die Forschenden vermuten, dass in dem warmen Lebensraum am meisten methankonsumierende Mikroben gedeihen. Es zeigte sich jedoch auch, dass Bäume in Trockenzonen und -phasen mehr Methan aufnehmen als überschwemmte Gebiete.

Die Analysen ergaben zudem, dass die Baumstämme in Bodennähe unterm Strich eher Methan freisetzen, wenn auch in geringen Mengen. Ab etwa einem bis 1,30 Meter Höhe Richtung Baumgipfel nimmt die Baumrinde hingegen mehr Methan aus der Atmosphäre auf als sie freigibt. Das macht Bäume netto zum Methan-Speicher.

Bäume speichern mindestens so viel Methan wie Böden

Würde man die gesamte Rinde des globalen Baumbestandes nebeneinanderlegen, ergäbe sich daraus eine Fläche so groß wie die Landfläche der Erde, wie Gauci und seine Kollegen anhand ihrer Messungen berechneten. Die Waldmikroben entfernen auf diesem Areal weltweit insgesamt jährlich zwischen 25 und 50 Millionen Tonnen Methan aus der Luft – und damit mindestens genauso viel wie die Bodenbakterien, die 30 bis 40 Millionen Tonnen Methan pro Jahr aufnehmen.

Die Wälder in den Tropen und gemäßigten Klimazonen sind demnach eine überraschend effiziente Methansenke und tragen dadurch circa zehn Prozent stärker zum Klimaschutz bei als bisher angenommen, so das Team. Dass Bäume bei der Fotosynthese über ihre Blätter CO2 aus der Atmosphäre absorbieren und als Kohlenstoff speichern, ist seit langem bekannt. Die Studie zeigt nun überraschend, dass die Pflanzen über ihre Rinde an Stämmen und Ästen ebenfalls zum Klimaschutz beitragen.

Helfer beim Klimaschutz

„Diese Ergebnisse zeigen eine bemerkenswerte und neue Art und Weise, wie Bäume eine wichtige Klimaleistung erbringen“, so Gauci. „Baumholzoberflächen verleihen der Interaktion des Lebens auf der Erde mit der Atmosphäre eine dritte Dimension, und diese dritte Dimension wimmelt von Leben und Überraschungen“, ergänzt Seniorautor Yadvinder Malhi von der University of Oxford.

Die Erkenntnisse könnten nun in Klimamodelle und Klimaschutzmaßnahmen einfließen. Auf der Weltklimakonferenz im Jahr 2021 hatte die Weltgemeinschaft beschlossen, die globalen Methanemissionen bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent zu senken. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Pflanzen von mehr Bäumen und die Verringerung der Entwaldung sicherlich wichtige Bestandteile jeder Annäherung an dieses Ziel sein müssen“, so Gauci.

Das Team will nun genauer erforschen, inwieweit die weltweite Abholzung bereits zu den steigenden Methanemissionen beigetragen hat und wieviel aufgeforstete Gegenden zur Emissionsminderung beitragen. Zudem wollen die Umweltwissenschaftler genauer untersuchen, über welche Mechanismen die Mikroben das Methan aufnehmen. Das soll Rückschlüsse darauf erlauben, ob und wie sich die natürliche Methanspeicherung durch Baummikroben noch verstärken lässt. (Nature, 2024; doi: 10.1038/s41586-024-07592-w)

Quelle: University of Birmingham

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