Fossiler Fake: Eines der ältesten und berühmtesten Fossilien aus den Alpen ist in Wirklichkeit eine Fälschung, wie Paläontologen nun herausgefunden haben. Demnach sind lediglich die Hinterbeine der 280 Millionen Jahre alten Echse Tridentinosaurus antiquus echt. Ihr dunkler Körperumriss, der lange Zeit für seltenes Weichteilgewebe gehalten wurden, ist jedoch lediglich auf die Steinplatte aufgemalt. Nach jetzigem Stand lässt sich dem Tier daher kein eindeutiger Platz im Stammbaum der Reptilien zuordnen.
Selbst die Wissenschaft ist nicht sicher vor Fake News. Um sich einen Namen zu machen und für große Entdeckungen gefeiert zu werden, gehen manche Forscher sogar so weit, dass sie komplette Datenreihen und Funde einfach fälschen. Eines der berühmtesten Beispiele ist wahrscheinlich der sogenannte „Piltdown-Mensch“: ein vermeintlicher Urmensch – halb Affe, halb Mensch – , dessen Überreste 1912 in Südengland gefunden wurden.
Doch sein „Entdecker“ hatte lediglich Menschen- und Affenknochen zusammengebastelt und auf alt getrimmt. Erst 40 Jahre später wurde seine Fälschung entlarvt. Auch der „Archaeoraptor“ – das lange ersehnte Bindeglied zwischen Dinosauriern und Vögeln – stellte sich in den frühen 2000er Jahren als Fälschung heraus. Sein Skelett war aus den fossilen Knochen verschiedener Spezies zusammengesetzt worden.
Ein rätselhaftes Fossil aus den Alpen
Nun sind Paläontologen um Valentina Rossi vom Naturmuseum Südtirol einer weiteren fossilen Fälschung auf die Schliche gekommen. Allerdings deckten sie den Schwindel eher zufällig auf, als sie eines der ältesten und rätselhaftesten Fossilien der Alpen zum ersten Mal mit modernen Analysemethoden untersuchen wollten. Die Rede ist vom 280 Millionen Jahre alten „Tridentinosaurus antiquus“ – einem frühen, eidechsenähnlichen Reptil, das 1931 in den italienischen Alpen von Trient entdeckt worden war.
Die Urechse ist in eine Steinplatte eingebettet, aus der nur ihre Hinterbeine als dreidimensionale Knochen hervorragen. Der Rest ihres Körpers ist in Form von dunklem Weichteilgewebe erhalten, das die Körperform des Tieres umreißt – so dachte man. Denn als Rossi und ihre Kollegen das Fossil unter anderem mit ultraviolettem Licht und Rasterelektronenmikroskopie untersuchten, kamen bei den Forschenden Zweifel an dessen Echtheit auf.
Fälschung mit Farbe
Und tatsächlich: Weitere Analysen enthüllten, dass es sich bei dem dunklen Körperumriss gar nicht um versteinertes Weichteilgewebe handelte, sondern um Farbe. Das einzig Authentische an dem Fossil waren folglich seine Beinknochen. „Die merkwürdige Erhaltung von Tridentinosaurus hat Experten jahrzehntelang vor ein Rätsel gestellt. Jetzt ergibt alles einen Sinn“, sagt Seniorautorin Evelyn Kustatscher, ebenfalls vom Naturmuseum Südtirol.
Da das vermeintliche Weichteilgewebe bereits in der ersten offiziellen Beschreibung des Tieres aus dem Jahr 1959 erwähnt wird, gehen die Forschenden davon aus, dass die Bemalungsaktion irgendwann davor stattgefunden haben muss – „vielleicht um das Exemplar zu verschönern und/oder es auf der Felsoberfläche besser sichtbar zu machen“, so die Vermutung des Teams.
Position im Stammbaum unklar
Doch neben den gefälschten Bestandteilen des Fossils konnten Rossi und ihre Kollegen auch weitere echte Knochen in der Schulter- und Beckengegend des Reptils identifizieren, die zuvor nicht beschrieben worden waren. Es handelt sich dabei um winzige, knöcherne Schuppen, von denen die größten nur zwei Millimeter breit und 0,90 Millimeter hoch sind. Die Paläontologen werten sie als sogenannte Osteoderme – Hautknochenplatten, wie sie zum Beispiel auch Krokodile tragen.
Die Osteoderme und die schlecht erhaltenen Beinknochen von Tridentinosaurus reichen allerdings nicht aus, um dem Tier eine eindeutige Position im Stammbaum der Reptilien zuzuordnen, wie die Paläontologen betonen. Zuvor galt es als Mitglied der urtümlichen Reptiliengruppe Protorosauria. Auch wie genau das Tier einst aussah, ist ohne den Weichteilabdruck reine Spekulation. Rossi und ihre Kollegen raten daher dazu, das Fossil in künftigen Studien mit Vorsicht zu behandeln. (Palaeontology, 2024; doi: 10.1111/pala.12690)
Quelle: University College Cork