Landwirtschaft

Weltweite Ernteeinbrüche durch Bestäubermangel

Bis zu zwei Drittel aller untersuchten Felder weltweit verzeichnen Ernteeinbußen

Biene
Je weniger Bestäuber ein Feld besuchen, desto geringer fällt auch die Ernte aus. © proxyminder/ iStock

Bestäuber-Blues: Der Rückgang an bestäubenden Insekten wie Bienen und Schmetterlingen hat weltweit bereits zu erheblichen Ernteeinbußen geführt, wie eine neue Studie enthüllt. Demnach produzieren bis zu zwei Drittel aller untersuchten Felder deutlich weniger Obst und Gemüse, als sie es mit der Hilfe von ausreichend Bestäubern könnten. Doch nicht alle Nutzpflanzen sind gleich stark betroffen.

88 Prozent aller blühenden Pflanzen und 76 Prozent der weltweit führenden Nahrungspflanzen bekommen bei ihrer Fortpflanzung Hilfe von Bestäubern. Indem Bienen, Schmetterlinge, aber auch Kolibris und Fledermäuse Pollen von einer Pflanze zur nächsten bringen, ermöglichen sie die Entstehung von Früchten und Samen und damit die neuer Pflanzen. Doch durch Pestizide, Parasiten und andere Gefahren sinkt die Zahl der Bestäuber weltweit.

Ohne Bestäuber nix los?

Ob und wie stark Nutzpflanzen weltweit bereits unter diesem Bestäuber-Rückgang leiden, haben nun Forschende um Katherine Turo von der Rutgers University in New Jersey ermittelt. Dafür analysierte das Team zunächst die Ernteerträge von mehr als 1.500 Feldern in 27 Ländern und auf sechs Kontinenten.

Diese Daten glichen Turo und ihre Kollegen dann mit rund 200.000 weltweiten Feldbeobachtungen von Interaktionen zwischen Pflanzen und Bestäubern ab. So konnten sie herausfinden, ob der Ernterückgang eines Feldes auch tatsächlich auf den Rückgang ansässiger Bestäuber zurückzuführen ist. Man spricht auch von einer sogenannten „Bestäuberlimitierung“, wenn Nutzpflanzen aufgrund von zu geringen Bestäuberzahlen nicht ihr volles Ertragspotenzial entfalten können.

Bestäubermangel führt bereits zu Ernteeinbußen

Das Ergebnis: „Wir konnten in 23 von 27 vertretenen Ländern und auf allen sechs Kontinenten eine Bestäuberlimitierung feststellen“, berichten Turo und ihr Team. Insgesamt produzierten demnach 28 bis 61 Prozent der untersuchten Felder, Äcker und Plantagen weniger Obst und Gemüse, als sie eigentlich sollten. Betroffen waren 25 Arten von Kulturpflanzen, am häufigsten Heidelbeeren, Kaffee und Äpfel.

Wie sehr eine Pflanze unter dem Bestäuber-Rückgang leidet, hängt davon ab, ob ihr bei der Fortpflanzung Alternativen zur Verfügung stehen. So würden Kaffeepflanzen zum Beispiel auch gänzlich ohne Bestäuber klarkommen, weil sie einander passiv mit dem Wind bestäuben können. Doch die Ernte würde dann um zehn bis 40 Prozent geringer ausfallen, wie die Forschenden erklären. Bei Mandelbäumen, die in hohem Maß auf Bestäuber angewiesen sind, könnte der Ertrag sogar um bis zu 90 Prozent einbrechen.

Es gibt allerdings auch Nutzpflanzen, die bei ihrer Fortpflanzung überhaupt keine Bestäuber brauchen und dadurch ohne sie auch keinerlei Ernteeinbußen zu verzeichnen hätten. Dazu gehören etwa Weizen und Reis.

Biene
Bienen gehören zu den wichtigsten Bestäubern. © Max McCarthy, Winfree Laboratory, Rutgers University

Mehr Bestäuber, mehr Ertrag

Spätestens wenn ein Landwirt hohe Erträge bei von Bestäubern abhängigen Pflanzen erzielen will, sollte ihm an zahlreichen Bienen, Hummeln und Co. auf seinen Feldern gelegen sein. Das bestätigen auch Hochrechnungen von Turo und ihrem Team: Wenn auf einem Feld mit 100 Sonnenblumen auf einmal 14 statt nur einer Biene pro Stunde die Blüten besuchen, dann könnte der Landwirt bereits 55 Prozent mehr Sonnenblumen ernten als zuvor. Bei Himbeeren würde die Ernte um 60 Prozent üppiger ausfallen, bei Kaffee um 120 Prozent und bei Äpfel sogar um 125 Prozent, wie die Forschenden berichten.

Das ist für Turo Anlass zur Hoffnung: „Wir gehen davon aus, dass wir durch kontinuierliche Investitionen in das Bestäubermanagement und die Forschung die Effizienz unserer bestehenden Anbauflächen verbessern können, um den Nährstoffbedarf der Weltbevölkerung zu decken.“ Doch auch das genaue Gegenteil könnte eintreten: Sollte die Zahl der Bestäuber trotz Bemühungen nicht steigen, sondern sogar noch weiter sinken, dann könnte das erhebliche Unsicherheiten für die weltweite Lebensmittelversorgung bedeuten. (Nature Ecology & Evolution, 2024; doi: 10.1038/s41559-024-)

Quelle: Rutgers University

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