Honigbienen sind dafür bekannt, visuelle Landmarken zur Orientierung zu nutzen. Jetzt haben schwedische Wissenschaftler entdeckt, dass auch nachtaktive Bienenarten sich bei ihrem Weg zu einer Nahrungsquelle und zurück zum Nest an optischen Signalen orientieren – und das, obwohl die Lichtintensitäten während der Nacht mehr als hundert Millionen Mal geringer sind als am Tage.
Die von starker Konkurrenz aber auch vielen Fraßfeinden geprägte Welt des tropischen Regenwalds hat viele normalerweise tagaktive Tierarten im Laufe der Evolution dazu gebracht, sich einem nachtaktiven Leben anzupassen. Auch einige Gruppen von Wespen und Bienen darunter die zentralamerikanische Bienenart Megalopta genalis, machen sich den relativen Schutz der Dunkelheit zu nutze, um einigermaßen ungestört nach Nahrung suchen zu können.
Ein Forscherteam der Lund Universität unter Leitung von Eric Warrant hat nun herausgefunden, dass sich diese Art trotz ihrer nächtlichen Lebensweise und ihrer scheinbar unempfindlichen Augen bemerkenswerte visuelle Fähigkeiten erhalten hat. Bei Versuchen auf der Barro Colorado Insel in Panama konnten die Forscher mithilfe von Nachtsichtkameras beobachten, dass sich Megalopta mithilfe von einigen Orientierungsflügen erst die Landmarken rund um ihren Nesteingang merkt, bevor sie zur Nahrungssuche ausfliegt und diese Marken bei ihrer Rückkehr tatsächlich zur Orientierung nutzt. Als die Wissenschaftler die Landmarken während der Abwesenheit der Biene verschoben, suchte das Tier intensiv rund um die vertrauten Landmarken – aber damit an der falschen Stelle.
Doch trotz dieses eindrucksvollen Nachweises ihrer Nachtsichtfähigkeiten, gab es zunächst keinen Hinweis darauf, wie die Bienen diese Landmarken in der Dunkelheit überhaupt erkennen konnten: Denn optische und physiologische Messungen zeigten deutlich, dass die Augen von Megalopta nur etwa 30 Mal lichtempfindlicher sind als der tagaktiven Honigbienen. Für die Orientierung bei Nacht ist dies jedoch bei weitem nicht ausreichend.
Nach Ansicht der Forscher könnte die Lösung für dieses scheinbare Paradox nicht im, sondern vielmehr außerhalb des Auges liegen: Im Gehirn identifizierten sie spezialisierte Zellen, deren Morphologie besonders an die Aufnahme und Verstärkung von Lichtsignalen angepasst war. Weitere Forschungen sollen nun die genauen Mechanismen dieser Nachtsicht klären.
(Swedish Research Council, 11.08.2004 – NPO)