Ein teilweises Verbot einiger Pestizide soll Honigbienen und Hummeln in Europa zukünftig besser schützen. Der EU-Beschluss sieht vor, den Einsatz von drei Pflanzenschutzmitteln aus der Gruppe der sogenannten Neonicotinoide für zwei Jahre bei bestimmten Nutzpflanzen zu verbieten. Studien hatten in den letzten Jahren mehrfach nachgewiesen, dass diese Stoffe selbst in geringen Dosen das Orientierungsvermögen der Bienen stören und daher vermutlich mit Schuld sind am grassierenden Bienensterben.
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Pestizide aus der Klasse der Neonicotinoide sind seit Anfang der 1990er Jahre in Europa und anderen Regionen gängige Spritzmittel gegen Blattläuse und andere Schadinsekten auf Getreide, Raps, Mais, Sonnenblumen und andere Nutzpflanzen. Sie wirken auf das Nervensystem der Insekten und töten sie. Bisher galten diese Mittel als ungefährlich für Bienen. Denn für ihre Zulassung müssen die Hersteller nachweisen, dass die auf den Feldern ausgebrachten Dosierungen die Bienen nicht töten.
Im letzten Jahr in England und Frankreich durchgeführte Studien zeigen aber, dass Bienenarbeiterinnen durch die Giftwirkung der Neonicotinoide nicht mehr zum Stock zurückfinden und sterben. Hummelvölker schrumpfen und produzieren weniger Königinnen. Beide Auswirkungen der Pestizide gefährden langfristig das Überleben der Bienen und Hummeln, warnten damals die Wissenschaftler. Sie könnten zudem für den Kollaps vieler Bienenvölker in den letzten Jahren verantwortlich sein.
Kein Spritzen mehr bei Raps, Mais und Sonnenblumen
Unter anderem deshalb hat nun die EU reagiert. In der gestrigen Sitzung in Brüssel stimmten 15 EU-Mitgliedsstaaten dafür, drei Neonicotinoide für die Anwendung bei Sonnenblumen, Raps, Mais und Baumwolle zu verbieten. Acht Ländervertreter stimmten dagegen, vier enthielten sich. Erlaubt ist in ab dem 1. Dezember 2013 für zunächst zwei Jahre lediglich der Einsatz bei Wintergetreide und Pflanzen, die keine Bienen anziehen – beispielsweise weil sie keine für sie attraktiven Blüten haben. Damit geht die EU über die seit 2008 in Deutschland geltende Regelung hinaus, die Neonicotinoide bei Mais und Getreide schon verboten hatte, aber bei Raps und Zuckerrüben noch unter Einschränkungen erlaubte.
Der deutsche Industrieverband Agrar – der die Interessen des agrochemischen Industrie vertritt – hat den EU-Beschluss scharf kritisiert. Durch das Verbot stehe der Anbau von Winterraps in vielen Regionen Deutschlands auf der Kippe, denn die Landwirte hätten kaum wirksame Alternativen, um ihre Raps-Pflanzen vor Schadinsekten zu schützen. „Die jetzt vom Verbot betroffenen Produkte sind zum einen bereits durch ein rigoroses Zulassungsverfahren gegangen; zum anderen ist durch Monitorings belegt, dass die Produkte in der Praxis bienenverträglich eingesetzt werden“, so IVA-Hauptgeschäftsführer Volker Koch-Achelpöhler.
Genau dies allerdings darf anhand der aktuellen wissenschaftlichen Studien stark in Zweifel gezogen werden. „Unsere Studie stellt diese Zulassungsrichtlinien für Pestizide in Frage“, sagt Mickäel Henry vom landwirtschaftlichen Forschungszentrum INRA im französischen Avignon, Erstautor einer der Bienenstudien. Bisherige Tests hätten die Folgen niedrigerer, nicht direkt tödlicher Dosierungen für die Bienen gravierend unterschätzt. Es müssen dringend Alternativen zu den Neonicotinoid-Pestiziden entwickelt werden. Sowohl Hummeln als auch Bienen seien für die Bestäubung von Obstbäumen, Gemüse und vielen anderen Pflanzen unverzichtbar. Fehlen sie, tragen die Bäume keine Frucht und viele Gemüsesorten bringen keinen Ertrag mehr.
(EU / IVA / Science, 30.04.2013 – NPO)