Biotechnologie

Bildung des roten Blutfarbstoffes aufgeklärt

Jetzt Strukturen aller an der Häm-Bildung beteiligten Enzyme bekannt

Häm heißt der rote Farbstoff, von dem das Leben abhängt. Er ist ein wichtiger Bestandteil menschlichen und tierischen Blutes und transportiert den lebenserhaltenden Sauerstoff von der Lunge in das Gewebe. Wissenschaftler haben jetzt die dreidimensionale Struktur des Enzyms aufgeklärt, das den ersten Schritt der Hämbildung im Körper katalysiert.

„Mit unserem Projekt konnten wir ein Stück Wissenschaftsgeschichte abschließen“, erklärt Professor Dirk Heinz von der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF): Mit ALAS – so der wissenschaftliche Name des Moleküls – seien nun die Strukturen aller an der Häm-Bildung beteiligten Enzyme bekannt. Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Wissenschaftler jetzt in der Fachzeitschrift EMBO Journal.

Die Herstellung von Häm ist im menschlichen oder tierischen Körper wie eine Fließbandarbeit organisiert: Insgesamt zehn Enzyme haben im Produktionsprozess jeweils eine bestimmte Aufgabe. Sie erhalten vom vorgeschalteten Enzym ein Zwischenprodukt, verändern es gezielt und reichen es dann an das nächste Enzym in der Kette weiter. ALAS (5 -Aminolevulinat-Synthase) habe dabei eine besondere Bedeutung, stellt TU-Professor Dieter Jahn fest: „Da dieses Enzym im Syntheseweg an erster Stelle steht, stört eine defekte ALAS die Blutbildung entscheidend. Krankheiten wie Anämien sind die Folge.“

Ursache für eine beeinträchtigte ALAS ist ein Defekt auf dem X-Chromosom. Menschen, die davon betroffen sind, leiden an einer schweren Anämie: Obwohl sie keinen Eisenmangel haben – die häufigste Ursache für diese Krankheiten – bildet ihr Körper nur unzureichend roten Blutfarbstoff und wird schlechter mit Sauerstoff versorgt.

Symptome reichen von blasser Haut, Müdigkeit oder Konzentrationsschwäche bis zu schweren Organschäden auf Grund einer toxischen Eisenanreicherung im Gewebe. Den Betroffenen können die Erkenntnisse der Wissenschaftler langfristig helfen: „Mit der nun bekannten ALAS-Struktur wird es möglich, die Ursachen dieser Anämie viel besser zu verstehen, die Symptome zu erklären und später die Therapie zu verbessern“, so Arbeitsgruppenleiter Dr. Wolf-Dieter Schubert.

Möglich gemacht hat die Strukturanalyse der ALAS ein Trick der Evolution: An einem biologischen Mechanismus, der sich als erfolgreich erwiesen hat, hält das Leben über Milliarden von Jahren hinweg fest. So auch bei der Biosynthese von Häm: ALAS findet sich schon bei evolutionär sehr alten Bakterien, den so genannten Proteobakterien, die das „Produktionsverfahren“ für die Farbstoffe, zu denen auch das Häm gehört, in der Frühzeit des Lebens vor 3,5 Milliarden Jahren entwickelt haben.

Für ihre Untersuchungen konnten die GBF-Wissenschaftler, die zusammen mit Kollegen der Technischen Universität Braunschweig (TU)an dem Projekt arbeiten, deshalb auf bakterielle ALAS zurückgreifen: Sie ähnelt dem menschlichen Enzym sehr stark – und ist so stabil, dass man es für die strukturanalytischen Untersuchungen aufbereiten kann.

(idw – Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF), 23.09.2005 – DLO)

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