Biotreibstoffe sind nicht notwendigerweise umweltfreundlicher als fossile Kraftstoffe. Dies zeigt eine neue Studie, welche die Ökobilanzen verschiedener Biotreibstoffe untersucht hat: Zwar verursachen einige von ihnen mehr als ein Drittel weniger Treibhausgase als Benzin oder Diesel. Bei Anbau und Verarbeitung der Rohstoffe wie Mais oder Soja fallen jedoch teils schwerwiegende Umweltbelastungen an.
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„Die energetische Effizienz und die dadurch erzielte Treibhausgasreduktion können nicht die alleinigen Kriterien für eine ökologische Gesamtbewertung von Biotreibstoffen sein“, sagt Empa- Wissenschaftler Rainer Zah, der mit seinem Team verschiedene alternative Treibstoffe – Bioethanol, Biomethanol, Biodiesel und Biomethan – vom Anbau der Rohstoffe über die eigentliche Herstellung der Biotreibstoffe bis zu ihrer Nutzung ökologisch bewertet hat. Zwar können mit einer ganzen Reihe von Biotreibstoffen die Treibhausgase um mehr als 30 Prozent gesenkt werden. Auf der anderen Seite treten jedoch bei deren Anbau und Verarbeitung teilweise andere gravierende Umweltbelastungen auf. Diese reichen von Überdüngung und Versauerung des landwirtschaftlich genutzten Bodens bis hin zum Verlust der Artenvielfalt, etwa durch Rodung von tropischem Regenwald. Die landwirtschaftliche Energieproduktion steht zudem in Konkurrenz mit anderen Formen der Landnutzung wie der Nahrungsmittelproduktion oder dem Erhalt natürlicher Flächen.
Transport hat nur geringen Einfluss auf die Umweltbelastung
Fazit der am 22. Mai 2007 durch die Bundesämter für Energie, für Umwelt und für Landwirtschaft vorgestellten Empa-Studie: Biotreibstoff ist nicht gleich Biotreibstoff, und obwohl grundsätzlich jeder der vier untersuchten Treibstoffe umweltfreundlich produziert werden kann, entscheiden Rohstoff sowie Herstellungsart darüber, welcher Alternativtreibstoff gesamtökologisch besser abschneidet als Benzin und Diesel. Der Transport, auch von ausländischen Biotreibstoffen in die Schweiz, hat dagegen nur geringen Einfluss auf die Ökobilanz. Eine staatliche Förderung von Biotreibstoffen, beispielsweise durch steuerliche Begünstigung gegenüber Diesel und Benzin, muss deshalb differenziert erfolgen. „Die Vorsilbe „Bio“ heißt nicht in jedem Fall auch umweltfreundlich“, so Zah.
Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch der jüngste Bericht der Vereinten Nationen (UN) über nachhaltige Bioenergie („Sustainable Bioenergy: A Framework for Decision Makers“). Die Gruppe UN-Energie – ein Zusammenschluss aller Programme und Organisationen der UN, die sich mit dem Thema Energie beschäftigen – unterstreicht in ihrer Studie ausdrücklich, dass die Auswirkungen auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft sorgfältig analysiert werden müssen, bevor politische Entscheidungen über einen möglichen Ausbau und Förderung bestimmter Technologien im Bereich Bioenergie getroffen werden.
Umweltbelastung durch Anbau der Bioenergie-Rohstoffe
In der Ökobilanz negativ zu Buche schlagen bei Biotreibstoffen vor allem die Umweltbelastungen durch den landwirtschaftlichen Anbau der Rohstoffe. In tropischen Ländern führt beispielsweise die Brandrodung von Regenwaldflächen zu grossen Mengen an CO2, zu einer erhöhten Luftverschmutzung durch Russ und andere gesundheitsschädliche Abgase wie Stickoxide, Aerosole oder Dioxine und zu einem Verlust an Biodiversität. Beim Anbau in gemäßigten Klimazonen wiederum wirken sich die teils intensive Düngung und die mechanische Bearbeitung des Bodens negativ auf die Umwelt aus. Die extrem hohe Umweltbelastung durch in Europa produziertes Ethanol aus Roggen – das von allen untersuchten Biotreibstoffen die mit Abstand schlechteste Ökobilanz aufweist – erklärt sich dagegen durch den niedrigen Ernteertrag.
Gute Resultate für Abfall, Reststoffe und Holz
Hinsichtlich Ökobilanz schneidet gemäß Studie die energetische Nutzung von Abfall- und Reststoffen gegenüber fossilen Treibstoffen am besten ab. Dabei fallen einerseits die hohen Umweltbelastungen aus der Rohstoff-Bereitstellung weg, andererseits verringern sich die Schadstoffemissionen aus der Abfallbeseitigung. Ebenfalls gute Ergebnisse zeigt die energetische Nutzung von Holz – etwa dessen Vergasung -, da hier die Umweltauswirkungen bei der Bereitstellung des Rohstoffes sehr gering sind.
Zudem ließen sich die Umweltbelastungen aller untersuchten Biotreibstoffe – im Gegensatz zu den fossilen Energieträgern – durch gezielte Maßnahmen deutlich verringern. So könnten etwa strenge Zertifizierungsrichtlinien für Biotreibstoffe das Problem der Brandrodung von Regenwald mindern. Die Wissenschaftler der Empa erwarten daher in Zukunft bessere Bewertungen einzelner Biotreibstoffe dank der Optimierung bestehender sowie der Entwicklung neuer Herstellungsverfahren. Grundlage der Empa-Studie waren Daten aus „ecoinvent“, einer weltweit einzigartigen wissenschaftlichen Datenbank für Ökobilanz-Basisdaten, die von Empa-Forschern erstellt und betreut wird.
Einheimische Bioenergie ist nur begrenzt verfügbar
Die Studie der Empa legt ausserdem dar, dass die Menge der einheimischen Bioenergie begrenzt ist. Wenn die verfügbare Biomasse jedoch effizient und umweltfreundlich in Energie umgewandelt und gleichzeitig die Energieeffizienz erhöht wird, könnten alternative Energieträger zusammen mit anderen erneuerbaren Energieformen eine wichtige Rolle in unserer zukünftigen Energieversorgung übernehmen.
(idw – Empa. Materialforschung und Technologie, 24.05.2007 – AHE)